Bei Freud gebuddelt

Das Leben ist ein ewiger Stellungskrieg: Jay Roachs Komödie „Meine Braut, ihr Vater und ich“ über eine katastrophal verlaufende Brautwerbung

von BIRGIT GLOMBITZA

Die schimpansenhaften Ohren, der zusammengestauchte Leib, dazu der Blick eines in die Jahre gekommenen Teletubbie. Vielleicht quietscht er auch, wenn man ihn nur ordentlich in den Bauch drückt. Kein Zweifel, Ben Stiller ist nicht gerade ein Alphatier. Und wird auch noch in zwanzig Jahren so aussehen, als freue er sich über jeden Nougatkringel auf dem Nikolausteller mehr als über einen 24-teiligen Werkzeugkoffer. Man braucht ihn auch gar nicht erst im Wald auszusetzen, damit er die Orientierung verliert. Für seine Figuren beginnt der Überlebenskampf beim Zähneputzen.

Auch in „Meine Braut, ihr Vater und ich“ muss man sich Sorgen um den kleinen Mann mit dem grundlosen Lächeln machen, der seit „Verrückt nach Mary“ zu Recht ein Komödienstar ist. Wie immer geht auch hier der Zufall nicht an ihm vorbei, ohne ihm gehörig vors Schienbein zu treten. Das beginnt schon mit seinem Filmnamen „Greg Focker“. Focker ist ein Krankenpfleger, der allen Mut zusammennimmt, um bei den Eltern seiner Freundin vorstellig zu werden. Eingekleidet als Prototyp eines liberalen New Yorkers, schickt ihn das Drehbuch in die Wasp-Vorhölle. Ein Revier, das vom Vater der Braut, Jack Byrnes (Robert De Niro), markiert wird. De Niro stattet seine Figur mit unbarmherzigem Biedersinn aus – zielstrebig in seinen Antipathien und gänzlich ohne Gespür für Intimsphäre. Das Leben ist für diesen ausgedienten CIA-Agenten ein ewiger Stellungskrieg, in dem Freund und Feind so schwer auszumachen sind wie einst der Vietkong im Dschungel.

Einer, der sich mit Thrombosestrümpfen besser auskennt als mit Springerstiefeln, der keine Katzen schätzt und die Todesstrafe für Haschischkonsumenten übertrieben findet, hat für Jack das Zeug zum Staatsfeind, aber noch lange nicht zum Schwiegersohn. Wenn Jack könnte, würde er Greg Focker am liebsten gleich entlauben, um ihm besser in die kleine schmutzige Seele zu schauen. Doch der Anstand zwingt ihn zu zivileren Mitteln in Form von Überwachungskameras und Lügendetektoren.

Hat Jack einst Amerika vor den Weltverschwörungen beschützt, so macht er als Rentner nun nichts anderes, als sein Haus, seine Frau und vor allem seine Tochter zu kontrollieren. Etwas kampflos herzugeben ist nicht seine Sache. Geizig, herrisch und verklemmt, ein Analfixierter aus dem freudschen Bilderbuch.

Die Rezeptur ist denkbar einfach: Ein Highnoon der Gegensätze sorgt dafür, dass die Begegnung zwischem dem Ex-Experten für psychologische Kriegsführung und dem tölpeligen Krankenhausangestellten mindestens so eisig ausfallen muss wie einst das Treffen zwischen Nixon und Fidel Castro. Mit muffigem Cape-Fear-Blick breitet De Niro wie gewohnt jede Macke aus und kann Stiller dabei doch nicht an die Wand spielen, weil es nun einmal zu seinem Repertoire gehört, an die Wand gedrückt zu werden. Ehefrau Dina und Tochter Pam bleiben dabei weitestgehend Chargen, die mit Versöhnungsbotschaften von rechts nach links laufen, um die Arena für ein Stiller-De-Niro-Spektakel freizuhalten.

Die Brautwerbung, ein Kuhhandel wie in alten Tagen. Regisseur Jay Roach („Austin Powers“) beweist ein gutes Gespür für jedes Hüsteln, jede Gesprächspause, jede Heuchelei. Ob in Höflichkeit gekleidete Verachtung oder unverhohlene Kriegserklärungen, Regie und Drehbuch wissen genau, wann sie ihre Protagonisten besser stumm einen Haushaltsunfall erleiden oder ein Tischgebet aufsagen lassen, das länger ausfällt als eine komplizierte Blinddarmoperation.

„Meine Braut, ihr Vater und ich“ ist ein klassischer Datingfilm, der nie zu böse wird, um nicht am Ende in weihnachtlichem Versöhnungswillen aufzugehen. Dabei spekuliert er auf einen Commonsense familiärer Peinlichkeiten und altmodischer Rivalitäten. Eine Rechnung, die immer aufgeht, solange es Familientreffen gibt, bei denen auch der abgeklärteste Gast im Donnerwetter des Patriarchen auf Würmchengröße schrumpft.

Was Greg durchleidet, tut er also für jeden von uns. Und wenn Ben Stiller am Ende seine Sachen packt mit einem Blick, bei dem selbst ein Kampfhund Beißhemmungen bekäme, möchte man ihn schon deswegen hinter diesen Ohren kraulen.

„Meine Braut, ihr Vater und ich“. Regie: Jay Roach. Darsteller: Ben Stiller, Robert De Niro u. a. USA 2000, 107 Min.