Arnold kämpft gegen den Menschenquark

Roger Spottiswoodes Sciencefiction „The 6th Day“ malt eine Zukunft aus,in der für das Klonen von Menschen nur noch das geeignete Personal fehlt

Das Problem ist nicht das Klonen von Menschen, sondern dass es die falschen mit den falschen tun

von KATJA NICODEMUS

Auf eine bodenständig-primitive und völlig untechnologische Weise hatte er schon immer etwas Unzerstörbares. Arnold Schwarzenegger, emporgewachsen aus den Apfelkuchenrezepten seiner steiermärkischen Mutter Aurelia und den Anabolika-Ampullen des örtlichen Bodybuilder-Vereins: ein Mr. Universum, der in den 70er-Jahren in einem trashigen Herkules-Film als göttergleicher Bizepsberg mit der Pferdetroika durch Manhattan fuhr. Arnold, der als Terminator T 2000 in den Pophimmel eingegangen ist und danach eigentlich nur noch aufgeblasene B-Filme gedreht hat, die mehr oder weniger unoriginell versucht haben, aus seinem Mythos Kapital zu schlagen. Es mag an der sterilen Fleischlichkeit seines altmodisch aufgepumpten Körpers liegen, an seiner letztlich unphallischen, eher analen Disposition, „ein steinerner Apoll, straff, wortkarg, effizient – der Schließmuskelmann in Vollendung“ (Sloterdijk); jedenfalls kann es kein Zufall sein, dass der Mainstream gerade an ihm eine ganze Palette asexueller Reproduktionsfantasien aufgehängt hat. In Paul Verhoevens „Total Recall“ träumte er sich in eine Agentenidentität hinein, als James Camerons „Terminator“ war er beliebig recycelbarer Cyborg, in „Last Action Hero“ projizierte er einen Kinohelden in die Wirklichkeit, und im Familienfilm „Junior“ spielte er Hollywoods ersten schwangeren Mann.

Bei Roger Spottiswoode ist Schwarzenegger nun erstmals sein eigener Klon bzw. Replikant. In „The 6th Day“ überlagert sich seine symbolische Reproduzierbarkeit als Action-Ikone, Superstar und Image auf eher simple Weise mit der seiner Filmfigur. In der Rolle des Familienvaters Adam Gibson muss er eines Abends feststellen, dass sein Klon gerade dabei ist, bei ihm zu Hause mit Freunden und Familie seinen Geburtstag zu feiern. Der doppelte Arnold mag ein Laborunfall sein und das Klonen von Menschen verboten – ansonsten ist die neue Technologie in Spottiswoodes Sciencefiction-Szenario schon Alltag. Genmanipulierte Lebensmittel sind normal, die Medizin züchtet aus dem Erbgut einzelne menschliche Organe, und wenn ein süßes Haustier stirbt, dann lässt man es eben von der Firma Firma RePet per Klon-Sonderangebot ins Leben zurückholen.

Sogar Menschen werden längst fleißig dupliziert, allerdings noch illegal. In „The 6th Day“ ist der Bösewicht ein größenwahnsinniger Wirtschaftstycoon mit einer Art gigantischer Menschenfabrik, in der er vornehmlich eigene Mitarbeiter neu heranzüchten lässt, hin und wieder auch lädierte teure Footballstars. Arnolds Aufgabe beschränkt sich nun darauf, das alles in traditioneller Manier zu Klump zu hauen, ohne dass sich der Film ansonsten näher für die neue Technologie oder das Doppelgängermotiv interessiert, geschweige denn irgendwelche Fragen zur seriellen Unsterblichkeit aufwirft. Nicht dass man vom alljährlichen Actionspektakel zur Jahreswende letzte Wahrheiten zur Gendebatte erwarten sollte. Aber gerade weil die Erbgutbastelei bei Spottiswoode nicht näher untersucht wird und als letztlich beiläufiges Accessoire einer mechanischen Actiondramaturgie mitläuft, wird sein Film auf irgendwie dumpfe Weise ideologisch: Als Problem erscheint hier weniger das Klonen von Menschen als die Tatsache, dass es vorerst noch die falschen mit den falschen tun.

Damit greift der Mainstream eben nicht einfach nur ein zeitgeistiges Thema auf. Vielmehr imaginiert er eine Zukunft, in der, was heute zumindest diskutabel scheint (zum Beispiel der großflächige Einsatz von Pflanzen mit verändertem Erbgut in der amerikanischen Landwirtschaft), von wesentlich kühneren Experimenten überholt werden kann, für die man nur noch das moralisch geeignete Personal finden muss. Am sechsten Tag erschuf Gott den Menschen. Und in „The 6th Day“ den Übermenschen.

Während nämlich alle anderen Klone aufgrund ihrer Unvollkommeneit bzw. mangelnden moralischen Eignung im Laufe des Films eliminiert werden, erarbeiten sich die guten, starken, sauberen und irgendwie sexlosen Schwarzenegger-Twins ihr eineiiges Doppelglück mit vorbildlichem Einsatz. Das Recht aufs Reproduziertwerden will eben auf und jenseits der Leinwand verdient sein. Und wenn schließlich weder Tochter noch Hündchen die beiden Prachtkerle unterscheiden können, wenn Arnold und sein Klon am Ende mit komplizenhaftem Blendaxlächeln in die Zukunft einer harmonischen Koexistenz blicken, dann wirkt die hiesige Diskussion um den genmanipulierten Mais aus Übersee plötzlich nur mehr wie ein kleinkariertes Herumgequengel an der strahlenden Unsterblichkeit.

„The 6th Day“. Regie: Roger Spottiswoode. Mit Arnold Schwarzenegger, Michael Rapaport, Robert Duvall u. a. USA 2000, 120 Min.