Keine Verbesserung

Ein Jahr nach den rassistischen Ausschreitungen im spanischen El Ejido leben die Immigranten weiter im Elend

MADRID taz ■ Am 5. Februar 2000 geriet der 50.000-Einwohner-Ort in der südspanischen Provinz Almería weltweit in die Schlagzeilen. Nachdem ein psychisch kranker Marokkaner eine 26-jährige Spanierin ermordet hatte, begann die Jagd auf die „Moros“, die Mauren, wie in Spanien die nordafrikanischen Einwanderer abschätzig genannt werden. Geschäfte, Kneipen, Autos, Elendshütten und eine Moschee wurden zerstört, die Marokkaner tagelang durch den Ort gehetzt. Nach einem Streik der marokkanischen Landarbeiter unterzeichneten Grundbesitzer, Gemeinde, Zentralregierung, Gewerkschaften und Immigrantenvertreter einen Hilfsplan für die Betroffenen. Doch umgesetzt wurde davon nur wenig.

So wurden nur 42 Containerunterkünfte für die rund 10.000 Marokkaner fertig gestellt – 20 Kilometer außerhalb des Ortes. Die versprochene Buslinien nach El Ejido wurden nicht eingerichtet. So leben die meisten marokkanischen Tagelöhner weiterhin in Baracken. Eine sechsköpfige Delegation des Europaparlaments kam zu dem Schluss, dass „kein Mensch, der nur ein Minimum an Sensibilität hat, zulassen kann, dass die Immigranten so leben“. Doch nach den Ausschreitungen gewann die Volkspartei PP die Wahlen in der Provinz Almería haushoch. Ausländerfeindlichkeit macht sich bezahlt.

Nur zwei der fünf zerstörten marokkanischen Kneipen wurden seither wieder eröffnet. In den meisten spanischen Bars werden Marokkaner nicht bedient. Machten vor den Pogromen die Marokkaner 70 Prozent der ausländischen Bevölkerung aus, sind es jetzt gerade noch 40 Prozent.

Viele Marokkaner, deren Habe im letzten Jahr bei den Unruhen Opfer der Flammen wurde, scheiterten bei der Regularisierung illegal in Spanien lebender Ausländer vergangenen Sommer. Nach dem Verlust aller persönlichen Unterlagen konnten sie nicht – wie vom Gesetz verlangt – nachweisen, dass sie bereits länger als ein Jahr im Land leben. Nun droht ihnen die Abschiebung im Schnellverfahren.

Nur ein Punkt des Abkommens zwischen Immigrantenvertretern und Verwaltung wurde umgesetzt: Die örtliche Polizeiwache wurde von 70 auf 160 Beamte aufgestockt. Den Immigranten nutzt dies wenig. Selbst wenn sie wegen rassistischen Verhaltens Anzeige erstatten, werden die Fälle meist nicht verfolgt. Das zeigt eine Statistik, die jetzt SOS Rassismus veröffentlicht hat. Von 693 während der Pogrome erstatteten Anzeigen wurden bis auf zwei alle zu den Akten gelegt. REINER WANDLER