Weirich in freier Wildbahn

Der Deutsche-Welle-Intendant hat die Nase voll. Er will keine „lame duck“ seinund geht noch im Frühjahr. Konflikt mit dem Bund „nicht vergnügungssteuerpflichtig“

KÖLN taz ■ Also doch: Dieter Weirich, seit 1989 Intendant der Deutsche Welle, kandidiert nicht nur nicht mehr für eine dritte Amtszeit. Er geht sogar vorzeitig.

Bis zum 30. November 2001 hätte er eigentlich bleiben dürfen. Jetzt verlässt der 56-Jährige das Funkhaus im Kölner Süden schon zum 31. März. Er wolle sich „eine neue berufliche Aufgabe in freier Wildbahn suchen“. Die Querelen mit einem schon vorher ausgeschiedenen Medien-Staatsminister dürften dabei eine Rolle gespielt haben: „Die letzten beiden Jahre waren natürlich nicht vergnügungssteuerpflichtig“, sagte Weirich der taz. Aber: „Die Deutsche Welle ist von niemandem kaputt zu kriegen, trotz aller Versuche“, sagt er und macht kein Hehl, wen er meint: Michael Nauman, der es nicht für nötig gehalten hatte, mit Weirich ein persönliches Gespräch über die Zukunft des Senders zu führen.

Als „konfliktreich“ bezeichnen allerdings auch Mitarbeiter des Senders und Vertreter des Personalrats ihr Verhältnis zu Weirich. Dass er vorzeitig geht, ohne dass ein neuer Intendant gewählt ist, halten viele dennoch für unglücklich. Der Redakteursausschuss hat sich eines Kommentars zu Weirichs Abgang enthalten, fordert aber, künftig von „parteipolitisch geprägten Auseinandersetzungen“ verschont zu bleiben. Doch intern befürchten die Redakteure, dass der Intendantenposten auch weiterhin zur „Versorgung verdienter Parteipolitiker“ missbraucht wird.

Im Gespräch für den Posten sind der Bremer SPD-Politiker Erik Bettermann, der bereits stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates der Welle ist, Düsseldorfer Regierungspräsident Jürgen Büssow (SPD) und der von den Grünen ins Rennen geschickte parteilose Hamburger Politik- und Medienwissenschaftler Hans Kleinsteuer. Ihm werden hausintern die größten Chancen eingeräumt. Der Rundfunkrat will noch vor der Sommerpause einen neuen Intendanten wählen.

Warum Dieter Weirich so Knall auf Fall seinen Hut nimmt, ist nicht ganz klar. Der taz sagte er, dass er weder eine „lame duck“ sein wolle noch „für die Opferrolle tauge“. Denn auch der neue Staatsminister für Kultur und Medien, Julian Nida-Rümelin, hat auf die Einladung zur Deutschen Welle bislang nicht reagiert. Hier antichambrieren muss Weirich immerhin nun nicht mehr. FRANK GERSTENBERG