■ Vorschlag
: Deutsch-brasilianische Künstler als Doppel im Bahnhof Westend

Die Gemeinsamkeit steckt im Titel: Mit der Ausstellung „Über die Grenze von Form“ präsentiert das brasilianische Kulturinstitut in Deutschland vier Künstler, deren Werk zwischen Malerei und Skulptur, Wandarbeit und Objekt angesiedelt ist. Zwei der Künstler, Caetano de Almeida (*1964) und Manfredo de Souzanetto (*1947), stammen aus Brasilien; die beiden anderen, Thomas Emde (*1959) und Thomas Schönauer (*1953), kommen aus Deutschland.

Sowohl Almeida als auch Emde stehen im landläufigen Sinn in der Tradition der Malerei. Beide thematisieren das Problem der Entstehung von Bild und Reproduktion. Almeida überträgt zum

Beispiel Figurenszenen kunsthistorischer Meisterwerke mit Acryl und Lack in pointillistischer Manier auf Gaze, wobei die aus wenigen Farben bestehenden Tupfer gleich einem fotografischen Raster aufgetragen werden. Das Bild setzt sich im Kopf zusammen. Bei Emde ist es ähnlich. Er bedeckt seine Leinwände vliesartig mit einer Schicht unterschiedlich getönter Farbzäpfchen, die, je nach Standpunkt des Betrachtenden oder dem Einfall des Lichtes, Wolken- und Wellenformationen zeigen oder sich zu abstrakten Farbräumen auflösen. Almeida hat sich übrigens ähnlicher Naturmotive (Sturm, Welle, Wasserfall) angenommen.

Auch Souzanetto ist Maler, der Pigmente und Acryllack auf Jute aufträgt. In der Nachfolge der shaped canvases, aber auch des brasilianischen Neokonstruktivismus formt er mit Hilfe des Keilrahmens zeichenhaft-geometrische Wandobjekte. Sie verbinden mathematische Präzision mit organischer Form und stehen zwischen Objekt und Wandzeichnung. Überdies ergibt ihr Schattenwurf auf der Wand neue Gestaltungen. Die Werke von Schönauer wiederum stehen oder liegen auf dem Boden und bestehen aus verschiedenen Metallen sowie Holz. Zwei- oder mehrteilig, changieren auch sie zwischen geometrischer und naturhafter Form, Baum oder Bauwerk. Während Souzanettos Objekte in kräftigen Farben leuchten, benutzt Schönauer, der als Titel lediglich Nummern vergibt, erdfarbene, rustikale Fassungen oder glänzend geschliffene Oberflächen. Alle Arbeiten bewegen sich an der Grenze zwischen Kunst und Natur, negativer und positiver Form, Fläche und Raum, Materie und Licht. Am Ende ist es ihre meditative Qualität, aus der sich eine dichte Dialogstruktur bildet. Michael Nungesser

Bis 20.9., Di.–Sa. 15–18, So. 12–18 Uhr, Künstlerwerkstatt Bahnhof Westend, Spandauer Damm 89, Katalog 20 DM