Chronik der Nukem

■ Früher war die RWE-Tochter „Kopf der Atomkrake“, heute regelt sie ihren Abriß

Frankfurt/Main (taz) – Nukem war die Mutter aller Atomanlagen. Gegründet 1960, gehörte die skandalumwitterte Atomfirma in Hanau zu 45 Prozent RWE, zu 35 Prozent der Degussa, zu 10 Prozent der Metallgesellschaft und zu zehn Prozent der Imperial Smelting Corporation mit Sitz in London. Nukem baute in Hanau, Alzenau und Kahl Brennelemente für Forschungsreaktoren in aller Welt. Sie verarbeitete Uranhexafluorid zu Uranoxid oder beteiligte sich am Uranabbau in Namibia.

Nukem war der Kopf der „Atomkrake“, wie die Initiative Umweltschutz Hanau (IUH) die Firma nannte. An der Brennelementeschmiede Hobeg war Nukem zu 100 Prozent beteiligt, an RBU zu 40 Prozent. 40 Prozent auch der Anteil, den Nukem an der Plutoniumfabrik Alkem hielt.

Die Atomfabrik stolperte letztlich 1987/88 über die Mehrheitsbeteiligung an Transnuklear (TN). Denn diese Firma produzierte seinerzeit Skandale am laufenden Band: 20 Millionen DM Schmiergelder zahlte TN an Beschäftigte in Atomkraftwerken, die dafür bei den Ein- und Ausgangskontrollen der TN-Lastwagen beide Augen zudrückten. Tausende Fässer Atommüll wurden falsch deklariert. Und dann der bis heute nicht ausgeräumte Verdacht der Verschiebung von Plutonium in den Iran, nach Libyen und Pakistan durch TN. Manager von TN begingen Selbstmord; andere wurden vom Landgericht Hanau abgeurteilt.

Nicht auf den Anklagebänken saßen allerdings die Verantwortlichen des letztlichen Besitzers, des Stromkonzerns RWE. 1990 verkündete die nach dem TN-Skandal ganz in RWE-Hände übergegangene Nukem, daß sie zukünftig „kein Uran mehr anfassen“ werde.

Die Gesellschaft handelt heute mit Metallen und ist damit beschäftigt, ihre Atomgebäude abzureißen und zu entsorgen. Beim Abriß, so das hessische Umweltministerium, seien allerdings schon ungewöhnliche Kontaminierungen festgestellt worden. Auch eine Folge des vertuschten Explosionsunfalls? kpk