1998 keine Castortransporte mehr

■ Stromkonzerne sehen aber noch keinen Lagerengpaß. Sachsen will auf jeden Fall Brennelemente losschicken. Joschka Fischer hält Ausstieg aus der Kernkraft innerhalb von vier Jahren für machbar. Neue Anzeigen

Berlin/Bonn (taz/dpa) – Der parlamentarische Staatssekretär im Bonner Umweltministerium, Walter Hirche (FDP), rechnet nicht damit, daß es in diesem Jahr weitere Atommülltransporte geben wird. Hirche sagte am Samstag im InfoRadio Berlin-Brandenburg, erst wenn ein lückenloses Meldesystem existiere, könnten die Atomtransporte wieder rollen. Das Problem müsse jedoch bald gelöst werden, da der Platz für den Atommüll in einigen Kraftwerken bald nicht mehr ausreichen werde.

Zumindest die Leitung des Atomkraftwerks im schwäbischen Gundremmingen rechnet vorerst nicht mit einer Gefährdung des Betriebs als Folge des Transportstopps für Atommüll. Die Lager für verbrauchte Brennelemente reichten noch mindestens ein bis zwei Jahre, sagte der Technische Direktor des Kraftwerks, Gerd von Weihe. Die PreussenElektra, Betreiberin norddeutscher AKW, sieht nur in ihrem Reaktor in Stade ein Problem: Immer vor dem Brennelementewechsel anläßlich der jährlichen Revision müßte das Abklingbecken teilweise geleert werden, so eine Sprecherin. Die letzte Revision sei im Januar gewesen.

Die deutsche Energiewirtschaft plant eine neue Gesellschaft für Atommülltransporte, in der sie das Sagen hat. Das geht aus einem Schreiben des Chefs der Bayernwerk AG, Otto Majewski, an Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) hervor. Dieser Schritt verbessere die interne Organisationsstruktur bei den Transporten und schaffe Transparenz, hieß es.

Transparenz sucht auch die Staatsanwaltschaft: Sie muß einer Anzeige gegen die Bayernwerke als Betreiberin des AKW Grafenrheinfeld und die Hanauer Transportfirma Nuclear Cargo nachgehen. Verschiedene Bürgerinitiativen wie der BBU und ein leukämiekranker Anwohner des AKW sehen den Verdacht der Freisetzung ionisierter Strahlen und der Körperverletzung durch das verstrahlte Straßen-Transportgestell von Darmstadt bestätigt.

Sachsen hält ungeachtet des Stopps der Atommülltransporte an seinen Plänen fest, vom Jahresende an Brennstäbe aus dem ehemaligen Forschungsreaktor Rossendorf bei Dresden abzutransportieren, so der Sprecher des Wissenschaftsministeriums, Hartmut Häckel, in den Dresdner Neuesten Nachrichten. Die ausgebrannten Brennstäbe aus dem Reaktor seien weitaus schwächer radioaktiv als diejenigen aus westdeutschen Atomkraftwerken.

Grünen-Fraktionschef Joschka Fischer sagte dem Spiegel, der Ausstieg aus der Kernkraft sei technisch innerhalb von vier Jahren machbar. Im Falle eines rot- grünen Wahlerfolges bei der Bundestagswahl wolle seine Partei für eine rasche Abschaltung aller 19 deutschen Kernkraftwerke sorgen. In einem Ausstiegsgesetz müsse das Ende der Atomenergie und der Wiederaufarbeitung so festgeschrieben werden, daß alle Atomkraftwerke „ohne Entschädigungspflicht abgeschaltet werden können“. rem