Lance Armstrong verliert seine Titel: Zum Vergessen

Der Radsportweltverband erklärt Lance Armstrong offiziell zum bösen Buben. Der Ex-Radler ist nun lebenslang gesperrt und der Verband geht zur Tagesordnung über.

„Na, wer hat den besseren Arzt?": Lance Armstrong schaut während der Tour zurück auf das Team Telekom. Bild: dpa

BERLIN taz | Alles ist gut! Das ist die Botschaft, die der Präsident des Internationalen Radsportverbandes, Pat McQuaid, am Montag in die Welt gesendet hat. Irgendwann einmal, in längst vergangener Zeit, ja, da habe es zwar ein widerliches Dopingsystem gegeben, mit dem sich Lance Armstrong sieben Erfolge bei der Tour de France erschummelt hat, aber das habe mit dem Radsport der Gegenwart, den er, Pat McQuaid, repräsentiere, nichts zu tun.

Es fiel dem Iren nicht schwer, die Entscheidung der US-Anti-Doping-Agentur Usada zu bestätigen. Lance Armstrong ist demnach lebenslang gesperrt und alle sieben Tour-de-France-Erfolge, die er erradelt hat, werden ihm aberkannt. Die UCI müsse „Vergangenheitsbewältigung“ betreiben, sagte McQuaid.

Auf einer Sondersitzung des Verwaltungsrates der UCI am Freitag soll nun noch darüber beraten werden, ob Armstrong Prämien zurückzahlen muss, ob ihm auch Erfolge in anderen Wettbewerben aberkannt werden und ob für die Frankreich-Rundfahrten von 1999 bis 2005 neue Sieger benannt werden.

Alles ganz anders heute

McQuaid selbst will keine Konsequenzen aus dem Dopingdesaster ziehen. „Da kann ich doch nichts dafür“, schien er der versammelten Presse am Montagmittag sagen zu wollen, als er darauf verwies, dass er erst 2006 Präsident der UCI geworden ist, dass er den Radsport umgekrempelt habe, dass der heute ganz anders funktioniere als damals. Die gegenwärtigen Superradler wie Straßenweltmeister Philippe Gilbert oder Bradley Wiggins, der Tour-Sieger dieses Jahres, hätten das ja schon bestätigt.

Aber stand da nicht etwas im 200 Seiten starken Urteil der Usada, das darauf hindeutet, dass Armstrong auch während seines Comebacks in den Radsport in den Jahren 2009 und 2010 gedopt haben könnte? Hmm. Da schweigt der Präsident und übergibt an den Chefmediziner der UCI, Marco Zorzoli. „Das sind aber nur Indizien“, sagt dieser und verweist darauf, dass das Urteil der Usada allein auf dem systematischen Doping der Jahre 1999 bis 2005 beruhe. Und dann spricht Zorzoli tatsächlich diesen Satz aus, der seitdem die Akten im Fall Armstrong veröffentlicht worden sind, noch weniger wert ist, als er es zuvor ohnehin schon war: „Es hat keinen positiven Test gegeben!“

Dopingfreie Zukunft?

Über die Verstrickungen der UCI in den Fall Armstrong wurde nicht gesprochen an diesem Montag. Die finden sich ja auch nicht im Usada-Bericht und eigene Recherchen, gar solche im eigenen Haus, hat die UCI nicht zu bieten. Und so steht der Verdacht weiter im Raum, dass die UCI es geduldet hat, dass 1999 ein Kortisonrezept für Armstrong rückdatiert worden ist und dass eine positive Dopingprobe Armstrongs, die bei der Tour de Suisse 2001 genommen worden ist, verschleiert worden sein soll, nachdem Armstrong-Sponsor Nike 500.000 Dollar an die UCI überwiesen hat. Aber auch das ist geschehen, lange bevor der Retter des Radsports, Pat McQuaid, auf den Plan getreten ist, um das Ruder herumzureißen.

„Wir hatten doch damals keine Möglichkeiten“, jammerte er am Montag, obwohl sie gerne „jeden verdammten Betrüger“ zur Strecke gebracht hätten. Auch heute fehlten der UCI, die mit der Installierung des Blutpassprogramms die Dopingkultur aus dem Radsport verbannt haben will, Möglichkeiten. Die Aussagen unter Eid, die Grundlage der Usada-Entscheidung sind, seien von der US-Bundespolizei FBI eingeholt worden. Das habe die Fahrer, die Armstrong dabei belastet haben, unter Druck gesetzt. So etwas könne die UCI nicht leisten. Aber nach deren Selbstwahrnehmung ist das ja auch nicht nötig, befindet sich der Radsport doch auf bestem Weg in eine dopingfreie Zukunft.

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