Streit der Woche: „Menschlichkeit durch Präzision“

Braucht Deutschland Killerdrohnen? Ja, sagt Michael Wolffsohn. Die Grüne Agnieszka Brugger kontert: Es braucht Regeln – keine Drohnen.

Tötet auch Deutschland bald mit Fernsteuerung? Bild: dapd

Deutschland hat bereits Drohnen - unbewaffnete. In Afghanistan werden sie von der Bundeswehr zu Aufklärungszwecken eingesetzt. Typ Heron I, hergestellt in Israel. 2014 läuft er Leasingvertrag aus und Verteidigungsminister Thomas de Maizière will ab 2014/2015 bewaffnete unbemannte Flugsysteme für die Deutsche Bundeswehr einführen.

Aber was bedeutet das wirklich: High-tech Krieg oder Wettaufrüstung? Im aktuellen sonntaz-Streit haben wir deshalb die Frage nach der Notwendigkeit gestellt: „Braucht Deutschland Killerdrohnen?“

Ja, sagt Michael Wolffsohn. Er lehrte an der Universität der Bundeswehr in München und schreibt in der sonntaz: „Kein Krieg. Das muss Ziel jeder Politik sein. Was aber, wenn doch Krieg ist?“ Dann sei Menschlichkeit in der Kriegsführung und Minimierung der Opferzahl auf beiden Seiten oberste Priorität. „Wie ist das zu erreichen? Durch Präzision.“

Er nennt das Beispiel Nahostkonflikt. „Wenn die Hamas aus Gaza-Palästina Raketen auf das israelische Zivil feuert, ist es unmöglich, aus der Sicht der Israelis nichts zu tun. Also Drohnen. Die können genau orten und präzise auf sie zielen.“

Die menschlichste der unmenschlichen Waffen

Was Gegner von Drohnen als „Kollateralschäden“ bei Einsätzen bezeichnen, wie Wolffsohn schreibt, nennt er „eher scheinziviles Umfeld“. „Folglich ist der Drohneneinsatz die menschlichste der unmenschlichen Waffen.“

Im Gegenteil, sagt Agnieszka Brugger. „Es besteht die Gefahr, dass die Hemmschwelle zur Anwendung militärischer Gewalt drastisch sinken wird“, schreibt sie. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Grünen weiß ebenfalls ein Beispiel zu nennen. „Die völkerrechtswidrigen Tötungen durch Drohnenangriffe, die von den USA im Rahmen der Terrorismusbekämpfung eingesetzt wurden“, zeigen das.

Das trage eher zu einer weiteren Eskalation bei, als zu einer Konfliktlösung. „Außerdem droht eine unkontrollierte Aufrüstungsspirale.“ Deutschland brauche also keine Kampfdrohnen. „Wir brauchen vielmehr dringend völkerrechtliche Regeln, die Einsatz und Verbreitung dieses neuen Waffensystems Grenzen setzen.“

Ohne Mandat keine Drohnen

„Ich kann die drohnenkritische Besorgnis zum Teil verstehen“, schreibt Generalstabsoffizier und CDU-Bundestagsabgeordneter Roderich Kiesewetter. Aber. „Verteidgungsminister de Maiziére hat klargestellt, dass ohne Bundestagsmandat keine Drohne zum Einsatz kommt. Als Bundestagsabgeordnete werden wir mit besonderer Verantwortung auf die Einhaltung der Leitplanken achten.“

Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Rainer Stinner, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP, Claudia Haydt, Trägerin des Aachener Friedenspreises 2011, Andrej Hunko, für die Linke seit 2009 im Deutschen Bundestag, sowie die taz-Leserin Melanie Kuhn.

Otfried Nassauer, Journalist und Gründer des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit, ist skeptisch gegenüber Drohnen. „Demokratien sind kein automatischer Schutz gegen ihren rechtswidrigen Einsatz.“ Vielmehr gehe die Gefahr von der Politik selbst aus. Denn bewaffnete Drohnen könnten zu extralegalen Tötungen genutzt werden. „Die Alternative? Der Bundesregierung stünde es gut zu Gesicht, eine völkerrechtliche Ächtung bewaffneter Drohnen anzuregen.“

Dass das Thema Drohnen heikel ist, zeigt die Diskussion. Das aber schon die Diskussion heikel ist, zeigt Rainer Arnold. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion hat kurzfristig seinen Streit-Beitrag zurückgezogen. Er könne nicht in wenigen Sätzen begründen warum Deutschland Drohnen brauche. Das wäre eine verkürzte Argumentation.

Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Rainer Stinner, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP, Claudia Haydt, Trägerin des Aachener Friedenspreises 2011, Andrej Hunko, für die Linke seit 2009 im Deutschen Bundestag, sowie die taz-Leserin Melanie Kuhn.

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