Mobil am Tag X minus eins

Friedensgruppen rufen zur Großdemonstration am Abend vor der Bundestagsabstimmung über den Kriegseinsatz der Bundeswehr. Die ist für Mitte kommender Woche geplant. Schon am Samstag sollen über 10.000 Menschen protestieren

von ULRICH SCHULTE

Nach dem Bundeskanzler rufen nun auch die Friedengruppen zur Mobiliserung ihrer Truppen. Sie planen eine Großdemonstration am Vorabend der entscheidenden Abstimmung im Bundestag – dem so genannten Tag X minus eins. „Wir gehen davon aus, dass wir bis dahin ein breites Bündnis zusammenbekommen“, sagte gestern Laura von Wimmersperg von der Friedenskoordination.

Die Bundestagsabstimmung über den Kampfeinsatz von 3.900 deutschen Soldaten wird für den Mittwoch oder Donnerstag kommender Woche erwartet.

Die Eckdaten für eine große Friedenskundgebung in Berlin stehen jetzt schon fest: Geplanter Termin ist Mittwoch, der 14. November, um 18 Uhr auf dem Pariser Platz am Brandenburger Tor. Weiteres lote man gerade aus, so von Wimmersperg.

Der Kasseler Friedensratschlag ruft an diesem Tag bundesweit dazu auf, für den Frieden auf die Straße zu gehen. Demonstrationen und Mahnwachen werden etwa in Städten wie Frankfurt, Nürnberg oder Kassel erwartet.

Am Vorabend der Abstimmung wollen die Kriegsgegner die Abgeordneten auffordern, den geplanten Einsatz etwa von Seestreitkräften oder Fuchs-Spürpanzern abzulehnen, den das Bundeskabinett gestern bereits abgesegnet hat. Danach ist vorgesehen, dass sich die deutschen Soldaten zunächst für ein Jahr am Afghanistankrieg beteiligen werden. „Das sieht aus wie eine Art Blankoscheck für die USA“, so Friedenskoordinatorin von Wimmersperg weiter. Auch der Einsatz in anderen Ländern könne nicht ausgeschlossen werden.

Ähnlich sieht es Sascha Kimpel von Attac Berlin, dem Zusammenschluss von Globalisierungsskeptikern. „Bei vielen wächst die Angst, dass aus uneingeschränkter Solidarität nun kriegerische Solidarität wird“, so Kimpel. Attac ist Mitveranstalter einer schon länger geplanten Friedensdemonstration am Samstag um 13 Uhr vom Hermannplatz. Kimpel rechnet nun mit starker Resonanz: „Durch die aktuelle Entwicklung hoffen wir auf 10.000 bis 15.000 Teilnehmer.“ Ursprünglich sei man von 5.000 Demonstranten ausgegangen. Das organisierende „Bündnis gegen Krieg und WTO“ bewegt ein weiteres Thema – es will an dem weltweiten Aktionstag der Globalisierungskritiker auch gegen die Konferenz der Welthandelsorganisation (WTO) in Katar protestieren. Ihnen kommt die Diskussion um den Bundeswehreinsatz nicht ungelegen. „Natürlich mobilisiert die Kriegs- und Friedensfrage wesentlich stärker. Viele wurden nun richtig wachgerüttelt“, sagt Kimpel. „Jetzt geht es darum, eine Kontinuität des Protests zu entwickeln. Nach der Großdemo am 13. Oktober ist die Aufregung schnell verpufft.“ Neben Attac unterstützen auch Gewerkschaften wie IG Metall und Ver.di, die PDS und diverse Friedensgruppen die Kundgebung, die um 16 Uhr am Frankfurter Tor endet.