Notwasserung im Mühlenberger Loch

■ Dasa Finkenwerder erhält einen Großauftrag für 34 Airbusse. Die Erweiterung der Werksfläche ins Landschaftsschutzgebiet an der Unterelbe ist kein Tabu mehr

Es boomt in Finkenwerder. Die 6.600 FlugzeugbauerInnen im Werk der Daimler-Benz Aerospace Airbus GmbH (Dasa) feierten gestern einen Großauftrag der amerikanischen Fluggesellschaft „America West“: 22 Airbusse des mittelgroßen Typs A 319 sollen zwischen 2001 und 2005 in Finkenwerder endmontiert werden. Außerdem wird die Dasa an „America West“Rumpfheck- und Seitenleitwerke für zwölf Airbusse des Typs A 320 liefern. „Natürlich schafft das keine neuen Jobs“, stellte Dasa-Sprecher Rolf Brandt klar.

Es handele sich um einen „normalen Folgeauftrag“, der das Werk allerdings nicht schlecht auslaste. Bei einer durchschnittlichen Bauzeit von 45 Tagen pro Flugzeug machen die Dasa-Beschäftigten derzeit sechs Airbusse pro Monat flügge. Bis Ende 1998 sollen es elf sein. Diese Kapazität sei nicht zuletzt der jüngsten Werkserweiterung nahe des Neßhauptdeichs zu verdanken. Der Senat hatte im Frühjahr dem Unternehmens-Wunsch entsprochen, 35 Hektar Grünland in Flugzeugparkplätze zu verwandeln.

Damit, so dachten um die verlorenen Finkenwerder Bodenbrüterwiesen Trauernde, müsse es mit der Expansion aber auch gut sein. Weit gefehlt: Die Dasa liebäugelt damit, das angrenzende Mühlenberger Loch, ein internationales Vogelschutzgebiet, zum Teil trockenzulegen und dorthin das Werk auszubauen. „Konkrete Pläne“gebe es noch nicht. Falls aber 1998 der Bau des Airbus A 3XX beschlossen werde, ein 77 Meter langer Riesenjet für 700 Passagiere, und die Standortwahl auf Hamburg falle, müsse nachgedacht werden.

Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) tut das schon heute. „Herr Voscherau hat sich mit Toulouse (der französischen Airbus-Unternehmenszentrale, d. Red.) in Verbindung gesetzt“, bestätigte Senatssprecher Cord Schellenberg gestern. Hamburg, das mit Rostock und Toulouse um die A 3XX konkurriert, habe gute Karten: Die riesigen Einzelteile können nur zu Wasser transportiert werden. Deswegen ist für den SPD-Wirtschaftsexperten Werner Dobritz klar, daß „wir die Frage beantworten müssen, ob wir hundert Hektar am Mühlenberger Loch für eine Erweiterung zur Verfügung stellen“.

Die Stadtentwicklungsbehörde gab sich gestern erstaunt über die Zuschüttpläne: „Im Flächennutzungsplan ist das Mühlenberger Loch als Wasser ausgewiesen.“Alles andere sei „Bürgermeistersache“. Umweltbehörden-Sprecher Kai Fabig suchte die drohende Naturzerstörung als spekulative „Zukunftsmusik“abzutun: „Das Flugzeug gibt's ja noch nicht mal.“

Historisch, so ein Umweltschützer gestern zynisch, sei der Flugzeug-Bezug immerhin gegeben: In den 30er Jahren hatten die Nazis das heutige Biotop künstlich ausgebaggert, um eine Werft für Wasserflugzeuge anzusiedeln.

Heike Haarhoff