die wahrheit: Eiland der Liebe

Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Daheim bei Ihrer Majestät, Frau Windsor.

Im Himmel des britischen Charmes angelangt: Nici, die Première Dame und Herr Philip Windsor. Bild: reuters

Mon cher journal intime ...

Habe vorhin einen Anruf von Ornella (ehem. Agentin Brunis, Anm. d. Red.) erhalten. Von den Aktfotos, die Michel (Comte, Anm. d. Red) 1993 für die italienische Vogue gemacht hat, soll eines bei Christies versteigert werden. Für den lächerlichen Einstiegspreis von 4.000 Dollar. Ausgerechnet jetzt! Morgen fliegen wir nach England. Ich habe überhaupt gar keine Zeit für die Interview-Anfragen!

Apropos England. Nici ist total aufgeregt. Er läuft wie ein aufgescheuchtes Huhn durch den Palast. Also ehrlich gesagt, läuft er wie Luis de Funès durch einen seiner Filme: klein, zappelig, hysterisch. Ich finde das ziemlich anstrengend und halte mich dezent im Hintergrund. Außerdem habe ich im Gegensatz zu ihm bereits die "100 goldenen Regeln zum Empfang bei Hofe" gelesen und fühle mich recht gut vorbereitet. Trotzdem - Nicis Umfrage-Referenten bestehen darauf, mir einen Berater an die Seite zu stellen. Heute Nachmittag noch kommt jemand vorbei. Die Eingriffe in mein Privatleben werden immer größer. Ich fühl mich schon wie Katie Holmes (Frau von Scientology-Darsteller Tom Cruise, Anm. d. Red.). Apropos Schrott: Posh und Beckham wollen uns unbedingt in London treffen. Habe Anweisung gegeben, das zu verhindern. Habe schon Imageprobleme genug.

Ha! Was für ein Triumph! Was für ein Siegeszug! Wir sind wieder wer! Madame Rottmier (meine neue Imageberaterin) ist ein Glücksgriff. Erst habe ich mich furchtbar aufgeregt, weil sie mir untersagte, das karierte Reit-Ensemble, das ich mir extra habe anfertigen lassen, einzupacken und habe fast das Schreien bekommen, als sie mit diesem Jackie-Kennedy-geht-ins-Kloster-Kostüm daher kam (von Dior, diesem Trutschenverein) - aber das war alles goldrichtig! Die englische Presse lag mir zu Füßen, und wenn "Mr. Bruni", wie sie meinen süßen Ehemann jetzt nennt, nun auch nur einen Stein im britischen Brett hat, dann deshalb, weil ich so großartig war!

Es war aber auch ein großer Spaß! Herr und Frau Windsor waren so freundlich zu mir! Die Königin war beinah mütterlich und sagte: "Kindchen, sehen Sie zu, dass Sie Ihre Vergangenheit in den Griff bekommen." Und Prinz Philip ist sehr charmant. Er hat sich als Kunstsammler zu erkennen gegeben und gefragt, ob er auch ein Foto bekommen könne. Ich glaube, sie haben mich gemocht, weil sie gespürt haben, dass wir vom gleichen Stand sind. Menschen von Rang.

Der Einzige, der keine gelungene Figur machte, war mein Schatz. Von der Größe her passt er zwar gut zur Königin (und ich zu Prinz Philip), aber wir müssen noch mal üben, dass er nicht immer, wenn er in irgendetwas sitzt, das sich bewegt (dieses Mal war es die Kutsche), so deppert grinst. Und auch an seinem Englisch müssen wir noch arbeiten. Beim Dinner - es gab vorzüglich gebratene Täubchen - sprachen wir von der großartigen Entwicklung, die die englische Küche seit Jamie Oliver gemacht habe, dem "Naked Chef" (Das ist der Spitzname für den britischen Koch, weil er sich auf das "bloße Kochen" konzentriert, Anm. d. Red.). Nici hört nur "Naked Chef", grinst Prinz Philip breit an (wir saßen dem Königspaar vis-à-vis), schlägt mir auf die Schenkel und ruft quer über den Tisch: "I have naked chef too!" Ich muss ja wohl nicht sagen, dass ich am liebsten im Boden versunken wäre!

Wenn wir doch immer auf Reisen sein könnten! Kaum, dass wir wieder hier sind, zerren wieder alle an mir: Erics (Clapton, Anm. d. Red.) Psychiater ist auf dem AB und will, dass ich ihn anrufe, und Nicis impertinenter Sohn Jean beginnt wieder, seine Unverschämtheiten zu verteilen. Vorhin am Telefon war er zunächst ganz freundlich, was mich freute, schließlich bin ich froh, wenn sich unser Verhältnis entspannen würde. Deswegen habe ich mir auch erst gar nichts dabei gedacht, als er fragte, was ich anhätte. Vielleicht bin ich auch einfach zu naiv … Erst als er wissen wollte, ob ich es mag, wenn mein Höschen beim Schuhezubinden kneift, ging mir ein Licht auf. Diese miese Ratte! Ich werde mir etwas ausdenken müssen, diese Goldlocke im Zaume zu halten.

Ich werde überwacht! Es ist nicht zu fassen! Ich werde vom Geheimdienst observiert! Ich! Heute Mittag, als ich für Eric ein paar Träubchen kaufte, die ich ihm ins Krankenhaus schicken lassen wollte, trug ich das "Free Tibet"-T-Shirt, das ich mir aus London mitgebracht habe. Da kamen zwei Herren auf mich zu und öffneten ihre Mäntel. Nach dem Telefonat gestern habe ich sofort an Exhibitionisten gedacht und wollte gerade schreien, aber sie zeigten mir ihre Marke und baten mich, mitzukommen. Als wir um die Ecke waren, sagten sie, es ginge um das T-Shirt. Ich könne so nicht herumlaufen. Es könne die Regierung in Schwierigkeiten bringen. Schließlich sei China Hauptlieferant für Kondome und Froschschenkel. Ich habe sofort Nici angerufen und verlangt, er solle das klären. Dabei stellte sich heraus, dass er natürlich wusste, dass ich überwacht werde. "Zu deiner Sicherheit." Ich bin außer mir! Diese Froschfresser!

SILKE BURMESTER

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.