Haus als Notunterkunft beschlagnahmt: „Regenbogenland“ für Flüchtlinge

In NRW sichert sich eine Bezirksregierung per Verfügung ein leerstehendes Gebäude. Dort sollen Flüchtlinge untergebracht werden.

Die künftige Flüchtlingsunterkunft in Olpe Bild: dpa

DORTMUND taz | Auf der Suche nach Wohnraum für Flüchtlinge hat die Bezirksregierung im nordrhein-westfälischen Arnsberg vergangene Woche zu einem ungewöhnlichen Mittel gegriffen: Per Ordnungsverfügung wurde in Olpe ein Gebäude für eine Notunterkunft beschlagnahmt. Die Familienferienstätte „Regenbogenland“ des Kolpingwerks in Olpe war Ende Januar geschlossen worden. Die Stadt Olpe stand mit der christlichen Organisation in Verhandlungen über einen Verkauf.

Eine reguläre Unterkunft für Flüchtlinge sollte darin entstehen. Wie Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, mitteilte, sei es „aufgrund der aktuellen Situation“ aber notwendig gewesen, das Gebäude per Ordnungsverfügung kurzfristig zu beschlagnahmen. Nach dem nordrhein-westfälischen Ordnungsbehördengesetz sind Maßnahmen wie eine Beschlagnahmung zulässig, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren. Bereits am Samstag zogen die ersten 137 Flüchtlinge ein. Insgesamt sollen 400 Flüchtlinge in der Notunterkunft in Olpe einquartiert werden.

Uwe Slüter, der das Kolpingwerk als Diözesangeschäftsführer in der Sache vertritt, wurde von der Beschlagnahmung überrascht. Dem Kolpingwerk wurde Anfang letzter Woche mitgeteilt, dass die Ordnungsverfügung zugestellt würde. „Die Bezirksregierung hat da ein scharfes Schwert gezückt“, sagt Slüter. Entrüstet ist er darüber aber nicht. „Das ist besser, als wenn die Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht werden.“ Eine menschenwürdige Flüchtlingspolitik liege dem Kolpingwerk am Herzen, erklärt Slüter, und da die Stadt Olpe den Kauf des „Regenbogenlands“ ohnehin beschlossen habe, sehe er die Situation entspannt.

Wenig erfreut reagiert hingegen Antonia Kreul vom Flüchtlingsrat NRW auf die ungewöhnliche Maßnahme in Olpe: „Die Beschlagnahmung ist ein falsches Signal in Richtung der Bevölkerung.“ Das Land NRW vermittle so den Eindruck, man habe die Flüchtlingsunterbringung nicht im Griff.

Versäumnisse in der Vergangenheit

Die rassistische Stimmungsmache nehme momentan ohnehin zu, nun trage das Land selbst auch noch dazu bei, dass die Stimmung zu kippen drohe. Kreul bemängelt Versäumnisse in der Vergangenheit. Viele Plätze für Flüchtlinge, die jetzt benötigt würden, seien abgebaut worden, und nun stehe man vor einem großen Problem bei der Unterbringung.

Die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen musste in den vergangenen Monaten viel Kritik für ihre Flüchtlingspolitik einstecken. Sicherheitspersonal misshandelte Asylsuchende, Unterkünfte in Turnhallen wurden teilweise über Monate betrieben – und immer wieder protestierten Anwohner oder rechte Gruppen gegen Asyleinrichtungen.

Die Zahl der Asylsuchenden in NRW stieg derweil von knapp 24.000 im Jahr 2013 auf knapp 40.000 im Jahr 2014. Auch für das Jahr 2015 liegt eine Prognose in ähnlicher Höhe vor. Neben Antragstellern aus Kriegsgebieten wie Syrien kommen in den letzten Wochen vermehrt auch Menschen aus dem Kosovo nach NRW. Ihre Fälle möchte Innenminister Ralf Jäger (SPD) schnell abwickeln, da er keine Grundlage für die Asylanträge sieht. Flüchtlingsorganisationen mahnen allerdings zur Einzelfallprüfung und verweisen auf politische Verfolgung im Kosovo.

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