Entwicklungspolitik und G-7-Gipfel: „Unsere Kritik kommt an“

Die Bundesregierung beginnt vor dem G-7-Gipfel im Juni, auch auf NGOs zu hören. Bernd Bornhorst vom NGO-Dachverband Venro ist optimistisch.

Wird dieser sudanesische Farmer auch vom G-7-Gipfel profitieren? Bild: reuters

taz: Herr Bornhorst, traditionell geht es auf G-7-Gipfeln auch um Armutsbekämpfung. Auch in Elmau?

Bernd Bornhost: Natürlich hoffen wir das! Früher gab es vor den Gipfeln immer nur Gespräche mit der Wirtschaft, seit einiger Zeit gibt es auch Dialoge mit der Zivilgesellschaft zum Beispiel zu Entwicklungsfragen. Bei den Themen, die dieses Jahr auf der Agenda stehen, ist einiges dabei, wo entwicklungspolitisch Musik drin ist.

Zum Beispiel?

Offensichtlich plant die Bundesregierung, das Thema Hunger und Ernährung in Elmau auf die Tagesordnung zu setzen. Bislang haben die G 7 in diesem Bereich aber vor allem auf die Agrarindustrie gesetzt. Diese Ansätze verfolgen alle möglichen Ziele, nicht aber das, Ernährungssicherheit herzustellen. Die G 7 sind insofern Teil des Problems und Teil der Lösung. Wir nehmen aber nun wahr, dass unsere Kritik langsam bei der deutschen G-7-Präsidentschaft ankommt und es stärkere Berücksichtigung kleinbäuerlicher Landwirtschaft geben wird. So wäre eine Selbstverpflichtung der G 7 zur Hungerbekämpfung bis 2030 ein positives Signal.

Ist das ein Gerd-Müller-Effekt? Der vorherige Entwicklungsminister Dirk Niebel wurde von der Entwicklungsszene heftig kritisiert.

Das ist nicht nur ein Müller-Effekt, sondern auch das Ergebnis langer Überzeugungsarbeit durch viele Institutionen. Aber in der Tat ist die Bundesregierung in einigen Fragen deutlich weiter als andere G-7-Länder.

Zukünftig fließt also die G-7-Entwicklungshilfe im Agrarbereich an Kleinbauern-Kooperativen statt an Land-Grabber?

So ähnlich müsste es sein. Leider werden wir nicht von heute auf morgen einen komplett anderen Entwicklungsansatz bekommen. Dafür sind auch noch zu viele andere Interessen im Spiel. Aber wir glauben, dass Müller und Merkel einen Paradigmenwechsel durchsetzen könnten.

ist Vorstandsvorsitzender von Venro, dem Dachverband der entwicklungspolitischen und humanitären Nichtregierungsorganisationen in Deutschland. Venro hat mit dem Forum Umwelt und Entwicklung den G-7-Dialog organisiert.

Obwohl die Haushaltslage so gut ist wie nie, erfüllt Deutschland seine 0,7-Prozent-Selbstverpflichtung bei der Entwicklungshilfe nicht.Warum machen Sie gemeinsame Projekte?

Wir haben gegenüber der Bundesregierung klargemacht, dass die Quote eingehalten werden muss. Sie hat jetzt ja auch eine Schippe draufgelegt …

eher ein Löffelchen: 0,4 statt bislang 0,38 Prozent …

Das ist wahr, und deswegen werden wir auch nicht von unserer Forderung ablassen. Trotzdem wird es das Geld allein nicht richten. Wir müssen daran arbeiten, dass an der Armutsschraube nicht negativ gedreht wird. In Elmau ist Wirtschaftswachstum eines der zentralen Themen. Wer einseitig darauf setzt, schreibt viele politische Fehlentwicklungen fort. Wir brauchen eine große Transformation, in Sachen Verteilung und Nachhaltigkeit.

Wie zum Beispiel?

Zum Beispiel mit Beschlüssen zur Vermeidung von Steueroasen und Kapitalflucht. Das steht auf der Tagesordnung und betrifft die G-7- wie die Entwicklungsländer gleichermaßen.

Insgesamt blicken Sie also optimistisch auf den Gipfel?

Es geschieht eindeutig viel zu wenig. Und es ist eine Schande, dass das auch noch so langsam geschieht. Auf der Ebene der politischen Akteure gibt es im Moment ein paar erfreuliche Zeichen, die wir einfach nutzen müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.