Kalle Ruch zum Unternehmensmodell: Offen in die Zukunft

Inmitten der Zeitungskrise ist die taz Genossenschaft ein Garant für Stabilität.

Bild: taz

Im Herbst 2012 sorgte die Einstellung der Financial Times Deutschland und die Insolvenz der Frankfurter Rundschau für eine Schockwelle in den Verlagen und Redaktionen der deutschen Tageszeitungen. Die Zeitungskrise war auf ihrem vorläufigen Höhepunkt angekommen. Um den Zustand der Zeitungsbranche heute noch mit dem Etikett der Krise zu belegen, fehlt es an solchen Zuspitzungen. So sorgt die Branche aktuell nur noch für Schlagzeilen, wenn der Springer- Verlag sich von allen seinen gedruckten Medien außer Welt und Bild trennt oder wieder einmal Auflagenverluste von gut 9 Prozent zum Vorjahresquartal hinnehmen muss. Bei schlechten Meldungen auf den Medienseiten geht es jetzt bestenfalls noch um den Widerstand von Betriebsräten gegen die allgegenwärtigen Sanierer in den Verlagen, und manchmal gibt es auch ein paar Geschichten aus dem Tollhaus, wenn beim Spiegel mal wieder über die Zukunft nachgedacht wird.

Die Zeitungswelt befindet sich in einem anhaltenden Strukturwandel, weil durch fehlende Anzeigen und schwindende LeserInnen bei den Printangeboten das traditionelle Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert und Kostenanpassungen in atemberaubendem Tempo notwendig sind. Der Weg in die digitale Medienzukunft erfordert von den Verlagen zusätzlich die Bereitstellung von Mitteln für hohe Investitionen in die digitale Transformation.

Die Situation der Verlage in Deutschland stellt sich ganz unterschiedlich dar. Die ganz großen Verlagskonzerne wie Springer (ungefähr 100-mal so groß wie die taz) sind weit fortgeschritten auf dem Weg in die Internetwirtschaft. Bei den Regional- und Lokalzeitungen, die mit etwa 85 Prozent der verkauften Auflagen den größten Anteil am deutschen Zeitungsmarkt stellen, zeigt sich der Haupttrend des Strukturwandels in einem zunehmenden Konzentrationsprozess. Es wird in einigen Jahren nur noch wenige große Regionalzeitungskonzerne geben, die mit zentralen Redaktionspools viele Titel mit Inhalten bestücken. Verlags- und Redaktionseinheiten werden zusammengelegt, personelle Ressourcen optimiert oder auch reduziert.

Das überschaubare Segment der überregionalen Tageszeitungen

Referenzrahmen für die taz im deutschen Zeitungsmarkt ist das kleine und überschaubare Segment der überregionalen Tageszeitungen, deren Verlage nach Umsatzgröße jeweils etwa zehnmal so groß wie die taz sind. Und auch hier ist die taz ein Exot mit Alleinstellungsmerkmalen. Sie hat keinen so ausgeprägten lokalen Schwerpunkt, wie es die FAZ in Frankfurt und Hessen und die Süddeutsche Zeitung in München und Bayern haben. Vergleichbar dem Handelsblatt, dem Blatt für die Wirtschaftselite, ist die taz eher ein tägliches Special Interest des alternativen Blicks auf die Gesellschaft.

Weil der Markteintritt der taz zu spät kam und alles schon verteilt war, hat sie auch nie auskömmlich vom Anzeigengeschäft profitiert, das ja für die Tageszeitungen in Deutschland vor allem ein regionales Rubriken- und Handelsgeschäft war. Dafür muss sie allerdings jetzt auch nicht den starken Niedergang dieses Geschäfts verkraften. Die taz hat es trotzdem in vielen Jahren geschafft, am Markt zu bleiben, und ihr ist es gelungen, die taz als starke publizistische Marke eines unabhängigen Journalismus zu prägen. Das wird ihr auch in Zukunft gute Chancen geben, auf einem Markt zu bestehen, der sich ansonsten in schweren Turbulenzen befindet.

Mit den drei anderen überregionalen Tageszeitungen teilt die taz das Problem der schwindenden Printauflagen und kommt dabei sogar etwas besser weg als die Wettbewerber. Bei der Süddeutschen Zeitung (SZ), der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) und dem Handelsblatt (HB) fallen die Auflagen der täglichen Print-Abos noch stärker als bei der taz. Von 2013 bis 2016 verloren das Handelsblatt 36 %, die FAZ 30 %, die SZ 23 % und die taz 22 % ihrer täglichen Print-Abos, der Niedergang des täglich Gedruckten ist bei allen deutlich zu sehen.

Maßnahmen gegen den LeserInnenschwund

Bei allen überregionalen Tageszeitungen hat der Ausbau der E-Paper-Auflagen eine besondere wirtschaftliche Bedeutung. Hier können zusätzliche Umsätze aus dem vorhandenen redaktionellen Angebot ohne zusätzliche Druck und Vertriebskosten gewonnen werden. Den höchsten Anteil von E-Paper-Abos bei den Überregionalen hat das Handelsblatt mit 38 % an den Gesamt-Abos. Die Print-Abos sind beim Handelsblatt dagegen in vier Jahren von 2013 bis 2016 von 79.698 auf 51.137 um 28.561 (!) stark gefallen. Der Transformationsprozess von Print zu Digital- Abos scheint beim Handelsblatt auf den ersten Blick recht weit fortgeschritten zu sein, doch diese Feststellung relativiert sich bei näherer Betrachtung, da es sich bei einem erheblichen Anteil der Umwandlungen von Print auf Digital um subventionierte Studentenabos handelt.

Im Ranking folgen auf das Handelsblatt dicht nacheinander die taz mit 19 % Anteil von E-Paper an den Gesamt-Abos, die FAZ mit 16 % und die Süddeutsche Zeitung mit 14 %. Als weitere Maßnahme gegen den LeserInnenschwund bei ihren gedruckten Zeitungen setzen die Überregionalen auf das Wochenende. In den goldenen Jahren der Zeitungsbranche waren umfangreiche Wochenendausgaben vor allem wirtschaftlich erfolgreiche Träger von Rubriken-Anzeigen (Jobs, Immobilien, Autos, Reisen etc.). Dieses Geschäft hat sich weitgehend ins Internet verlagert.

Für die Idee, das Wochenende mit neuen Themen auch inhaltlich für Zeitungsleserinnen und -leser interessant zu machen, kann in Deutschland die FAZ mit der Etablierung ihrer überregionalen Sonntagszeitung FAS im Jahr 2001 Urheberrecht beanspruchen. Jahre später haben auch die taz (seit 2010) und die Süddeutsche Zeitung (seit 2012) ihre Wochenendausgaben publizistisch neu ausgerichtet und die Umfänge erweitert. Die Auflagen dieser Wochenendausgaben erweisen sich bisher deutlich resistenter gegen den anhaltenden Abwärtstrend als die Auflagen der Werktagsausgaben. Mit diesem Strukturwandel in der Zeitungsbranche muss sich auch die taz auseinandersetzen. Das separate Print-Abo am Wochenende und das digitale E-Paper-Abo waren ein erster Schritt zur Diversifizierung unserer Angebote des Kernprodukts „die tageszeitung“. Wie sieht die Bilanz des Transformationsprozesses in der taz bisher aus?

Die von der taz-Zeitungsredaktion erstellten Inhalte werden mit den Print- und E-Paper- Abo-Angeboten auf unterschiedlichen Wegen publiziert und erwirtschaften mit 19.281 T€ im Jahr 2016 einen Anteil von 72 Prozent des Gesamtumsatzes der taz. Im Vergleich mit dem Jahr 2007 hat sich der Umsatz aller Abos des Kernprodukts „die tageszeitung“ um 3.964 T€ (25,8 %) erhöht.

Dabei vollzieht sich der erwartete und befürchtete Rückgang der täglich gedruckten Abos nachhaltig. Im Zeitraum von Januar 2010 bis Dezember 2016 ist die Auflage der täglichen gedruckten Abos der taz von 45.139 auf 30.384 um ein Drittel, im Durchschnitt also um 2.107 Abos pro Jahr, gefallen. Der Abwärtstrend der Auflage der täglichen Print-Abos hält auch in 2016 unvermindert an. Der Umsatz aus diesen Abos in Höhe von 15.576 T€ im Jahr 2016 konnte nur durch eine kompensierende Abo-Preiserhöhung gehalten werden und entspricht in seiner Größenordnung dem Abo-Umsatz von vor 10 Jahren, der aus einer um ein Drittel höheren Auflage gewonnen wurde. Mit 15.576 T€ Umsatz der täglichen Print- Abos hängen in 2016 immer noch über 80 % der Aboumsätze und 57 % der Gesamtumsätze an der täglich gedruckten Zeitung.

Als Ende 2010 das Wochenend-Abo der taz eingeführt wurde, gab es schon die Sorge vor der Kannibalisierung der täglichen Abos durch die neue Wochenendausgabe. Um dem entgegen zu wirken, wurde der Wochenend-Abo-Preis relativ hoch angesetzt, was auch der Wirtschaftlichkeit dieses Angebots zugutekam. Publizistisch sollten mit neuen Themen in der Wochenendausgabe auch neue Zielgruppen erreicht werden. Im Jahr 2016 werden mit 11.101 Print-Wochenend-Abos (IVW-Durchschnitt pro Jahr) Umsätze von 2.273 T€ erzielt. Die Wochenend-AbonnentInnen sind zehn Jahre jünger als die Voll-AbonnentInnen, sie sind häufiger weiblich und leben öfter auf dem Dorf und seltener in einer Großstadt wie Berlin oder Hamburg. AbonnentInnen des taz-E-Paper sind noch jünger (44 Jahre) als die der taz.am wochenende und zu einem sehr hohen Anteil (85 %) handelt es sich bei ihnen um männliche Leser. 2016 wurde mit 7.446 E-Paper-Abos (IVW-Durchschnitt pro Jahr) ein Umsatz in Höhe von 1.431 T€ erzielt.

Mit der Erlösstruktur verändert sich die Kostenstruktur

Den Verschiebungen auf der Erlösseite vom täglichen Abo zum Wochenende und zum E-Paper stehen entsprechende Verschiebungen auf der Kostenseite gegenüber. Dass Print geht und Digital kommt, spiegelt sich auf der Kostenseite: weil das E-Paper gar nicht mehr gedruckt werden muss und das Wochenend-Abo nur noch einmal in der Woche, wirkt sich der Rückgang der täglichen Papier-Abos deutlich auf die Entwicklung der Druckkosten aus, die sich von 2007 bis 2016 um 28 % reduzieren. Bei den Vertriebskosten lässt sich dieser Effekt nicht so unmittelbar nachvollziehen, weil hier Kostensteigerungen, zum Beispiel durch die Einführung von Mindestlöhnen, stärker zum Tragen kommen. Die neue digitale Medienwelt kommt zwar ohne Druck- und Vertriebskosten aus, gleichwohl schlagen sich hier die Aufwendungen für immer neue notwendige Softwareentwicklungen als Kosten für Personal oder Abschreiben für Investitionen nieder. Aufgrund eines höheren Investitionsniveaus für Anschaffungen in der IT oder Softwareentwicklung haben sich die damit verbundenen Aufwendungen für Abschreibungen in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Im gleichen Zeitraum erhöhten sich die Personalkosten um 45 %, auf Grund von jährlichen Gehaltserhöhungen von 2,5 % und durch Ausweitungen der Personalressourcen für neue Anforderungen, zumeist in den digitalen Bereichen.

Geschäftsmodell Online-Journalismus: die taz-Strategie

Neben ihren Print- und E-Paper-Ausgaben betreiben alle überregionalen meinungsbildenden Titel Onlineportale. Die große und offene Frage ist die, wie mit ihren zum Teil sehr reichweitenstarken News-Portalen endlich Geld zu verdienen ist. Für die Lösung dieses, nun auch schon über zehn Jahre währenden Dilemmas zerplatzter Hoffnungen nehmen die Verlage viel Geld für immer wieder neue digitale Experimente in die Hand. Hohe Investitionen in neue digitale Produkte und Strukturen, bei denen die wirtschaftlichen Erfolgsaussichten höchst unsicher sind, müssen immer noch aus den Erlösen des alten Zeitungsgeschäfts finanziert werden. Das Signal, über neue Finanzierungsmodelle von Online-Journalismus nachzudenken, kommt vom Verleger Hubert Burda, der nach dem Höhepunkt der Finanzkrise Anfang 2009, die auch die Medien mit dem dramatischen Rückgang der Werbeerlöse traf, das Wort von den „lousy pennies on the web“ in die Welt setzte. Das Anzeigenmodell im Netz funktioniere nicht, man müsse nun über neue Einnahmequellen nachdenken.

Seit 2009 suchen nun also alle Verlage nach funktionierenden Finanzierungsmodellen für ihre Onlineportale. Neben Onlinewerbung als wichtige aber nicht ausreichende Erlösquelle setzen alle auf den wirtschaftlichen Nutzen der hohen Reichweiten ihrer Onlineportale als Marketingplattformen für E-Paper-, App- oder Kommerzangebote. Der „Kostenloskultur“ im Internet wird der Kampf angesagt. In groß angelegten Umfragen und Tiefeninterviews von Forschungsinstituten wird der Frage nach der Zahlungsbereitschaft für journalistische Inhalte im Netz nachgegangen. Ein originäres Online- Bezahlmodell, in dem tatsächlich die Inhalte der Onlineangebote bezahlt werden, ist nicht erkennbar.

Die Antwort auf die Frage, wann jemand bereit ist, für Journalismus im Netz Geld auszugeben, wo das Netz ja voller beitragsfreier Inhalte ist, interessiert auch die taz. Auch wir stellen dem Publikum die Frage – und das nicht nur als Meinungsumfrage. Über 10.000 Menschen haben uns diese Frage schon konkret beantwortet, indem sie sich bei taz.zahl ich mit einem regelmäßigen und nicht befristeten Förderbeitrag für den Journalismus der taz im Netz beteiligen. Angefangen wurde damit im Jahr 2012. Im Jahr 2016 wurden über 600 T€ eingenommen. Ein ähnliches und freiwilliges Bezahlmodell wie die taz betreibt der Guardian und nennt es „The Guardian Members“. Er meldete Anfang 2017 über 200.000 regelmäßige Guardian Supporter, die ähnlich wie bei der taz 60 Euro im Jahr freiwillig zahlen. Die solidarische Methode taugt also nicht nur für die kleine alternative Nische in Deutschland, sondern auch für einen Global Player. Aber Vorsicht vor Vergleichen, der Erfolg des Guardian hat Gründe: die Größe des englischsprachigen Raumes und die weltweite Relevanz als digitales Investigativ-Leitmedium, das jeden Monat 80 Millionen Unique Browser erreicht (taz 1 Million) und die Inszenierung der Kampagne als veritable Rettungskampagne.

25 Jahre Genossenschaft

Genossenschaften entstehen oft in der Krise, so auch die taz Genossenschaft im Jahr 1992. Der schnelle Abbau der Berlinförderungen nach dem Fall der Mauer, der zunehmende Wettbewerb auf dem Berliner Zeitungsmarkt und steigende Mieten und Preise stellten die taz und ihre Mitarbeitenden vor Herausforderungen, die sie mit den Strukturen des selbstverwalteten Betriebs nicht lösen konnte. Nach langen und heftigen Auseinandersetzungen entschied die Mitgliederversammlung des damaligen Trägervereins „Freunde der alternativen Tageszeitung“, das Projekt in eine neu zu gründende Genossenschaft zu überführen. Mit der Genossenschaft war das Ziel verbunden, das Überleben der taz auf Dauer zu sichern. Die taz öffnete sich gegenüber ihren LeserInnen, die mit ihren Geschäftsanteilen an der taz Genossenschaft für eine ausreichende Eigenkapitalbasis sorgen sollten. Die internen Entscheidungs- und Verantwortungsstrukturen wurden reformiert und nachhaltige Schritte zur wirtschaftlichen Sanierung unternommen.

In den Anfängen der Genossenschaft in den neunziger Jahren liefen die Geschäfte der taz noch nicht rund. Die Zeit der taz-Rettungskampagnen war noch nicht vorbei. Genossenschaftskapital wurde gebraucht, um damit strukturelle Defizite zu finanzieren. Das änderte sich erst mit dem Schritt ins neue Millennium. Ausgerechnet in der dann beginnenden Dekade der Zeitungskrisen und der Transformationsprozesse ins digitale Medienzeitalter zeigte sich, wie sehr sich das Genossenschaftsmodell für die taz bewährt.

Die Vermögenslage der taz-Gruppe hat sich in den letzten zehn Jahren stetig verbessert. Die in den 1990er Jahren immer wieder das Kapital verzehrende Finanzierung von Verlusten war in den letzten zehn Jahren nicht mehr notwendig. Das Genossenschaftskapital erhöhte sich von 7,67 Mio. Euro zum 31.12.2007 auf 16,35 Mio. Euro zum 31.12.2016. Die Zahl der taz-GenossInnen hat sich in dieser Zeit von 7.717 auf 16.505 erhöht. Das buchmäßige Eigenkapital der Gruppe stieg von 1,89 Mio. Euro auf 10,96 Mio. Euro. Die taz Genossenschaft versorgt die taz-Gruppe mit ausreichender Liquidität. Das Netz als Struktur und System ohne Hierarchie ist die Leitidee und trifft die Haltung der taz.

Das Netz als Struktur und System ohne Hierarchie ist die Leitidee

Mit dem Neubau des taz-Verlagshauses in der Friedrichstraße 21, fünfhundert Meter vom alten Standort entfernt, investiert die Genossenschaft einen Teil ihres Vermögens in eine Immobilie. Angesichts der Rahmenbedingungen niedriger Zinsen, hoher Investitionszuschüsse und stark steigender Grundstückspreise (der Bodenrichtwert für das neue taz-Grundstück hat sich von 2014 bis 2017 verdreifacht) dient diese Investition nicht nur der Standortsicherung im alten Berliner Zeitungsviertel, sondern auch der Kapitalsicherung und Vermögensbildung der Genossenschaft. Wie sehr diese Idee auch in der Genossenschaft getragen wird, zeigte sich daran, dass sich im Jahr 2014 in kurzer Zeit über 900 taz- GenossInnen mit 6,9 Millionen Euro als Stille GesellschafterInnen an der Finanzierung des Vorhabens beteiligt haben.

„Das Netz als Struktur und System ohne Hierarchie ist die Leitidee und trifft die Haltung der taz. Sie ist bestimmendes Thema der Fassade und prägt damit das Erscheinungsbild des Hauses“, so beurteilte das Preisgericht des Architekturwettbewerbs im Sommer 2014 den Entwurf des Schweizer Architekturbüros E2A für das neue Haus der taz. Nun, da der Rohbau des Hauses steht, ist sichtbar, dass nicht nur die Fassade, sondern die ganze tragende Konstruktion des Gebäudes ein Netz aus schrägen Stützen ist.

Die Leitidee der taz ist das solidarische Netz, an dem man an vielen Punkten anknüpfen und frei entscheiden kann, ob man mehr oder weniger Last mittragen will. Von den ersten Voraus- Abos 1979, eine frühe Variante des modernen Crowdfunding, dem taz-Solidarpakt 1993 mit frei zu wählenden Abo-Preisen oder der jüngsten Idee des freiwilligen Zahlens taz.zahl ich, bei der seit diesem Sommer mehr als 10.000 UnterstützerInnen für taz-Journalismus im Netz mit regelmäßigen Zahlungen dabei sind, durchzieht die taz-Geschichte ein roter Faden der Solidarität. Die tragenden Stützen dieses Netzes bilden die über 17.000 EigentümerInnen der taz Genossenschaft, die sich nicht nur bei der Genossenschaft, sondern an vielen Knoten des Netzes engagieren. So bei der gemeinnützigen taz Panter Stiftung, die 2008 von der taz Genossenschaft gegründet wurde und heute die Werte eines unabhängigen Journalismus für eine demokratische Gesellschaft vermittelt. Hunderte junger Menschen aus Deutschland, Osteuropa, Asien und Kuba haben in den letzten Jahren an den Workshops der Stiftung teilgenommen. Für Menschen, die sich mit großem persönlichen Einsatz für andere starkmachen und mutig Missstände aufdecken, Menschen, die uneigennützig und hartnäckig für eine bessere Welt kämpfen, ohne viel Aufhebens um ihr Engagement zu machen, vergibt die Stiftung jedes Jahr zwei taz Panter Preise, mit denen die Arbeit dieser Engagierten gewürdigt und ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wird. Angesichts der sich zuspitzenden Lage in der Türkei finanziert die taz Panter Stiftung seit Februar 2017 das Projekt taz.gazete, das täglich einen Beitrag in türkischer und deutscher Sprache auf taz.de veröffentlicht. Mit der taz Panter Stiftung kann die taz etwas von der Solidarität, von der sie über viele Jahre getragen wurde, weitergeben.

Offen in die Zukunft

Ein Impuls für die Gründung der taz Genossenschaft vor 25 Jahren war die Einsicht in die Notwendigkeit und die Bereitschaft der Mitarbeitenden des selbstverwalteten Kollektivs, die taz gegenüber ihren LeserInnen zu öffnen.

Die taz ist längst kein Ein-Generationen- Projekt mehr, auch das ist ein Ergebnis der Offenheit. Der Gründergeneration im und außer Hause sind längst die Jungen an die Seite getreten. Die Alten hängen am Papier und die Jungen mögen es digital? So einfach ist das nicht. Früher, in den Papierzeiten, konnten sich die Jungen die taz nicht leisten, weil das Abo viel zu teuer war. Daraus entstand der taz- Solidarpakt: „Der Professor zahlt für den Studenten.“ Heute kann jedeR die taz online lesen, ganz nach Belieben.

Bei zwei taz-Projekten stand das Thema Offenheit ganz im Mittelpunkt. Unser taz.lab, bei dem wir in jedem Jahr im Haus der Kulturen der Welt über „die Lage“ beratschlagen, ist in diesen hochpolitischen Zeiten auf Reisen gegangen und hat an 50 Orten überall im Lande, an denen wir sonst nie sind, über die offene Gesellschaft diskutiert. Unser Quarterly zeozwei haben wir für neue Ideen geöffnet und damit das taz-Netz wieder ein bisschen erweitert. Mit Harald Welzers Ideenwerkstatt, der Stiftung FUTURZWEI, sind wir eine enge publizistische Kooperation eingegangen. zeozwei heißt jetzt FUTURZWEI. Gemeinsam werden wir mehr erreichen. Das Netz als Struktur und System ohne Hierarchie und offen in die Zukunft, um die taz muss man sich keine Sorgen machen.