Leservorwurf

Biodeutsche und andere

In Ihrem Artikel „Feigheit vor dem Freund“ vom 16. August stehen viele richtige Gedanken. Erschreckend finde ich nur, dass auch Sie – sicher unbewusst – dem rassistischen Diskurs der Rechten auf den Leim gehen, indem Sie zwischen „uns“, den „Biodeutschen“, und „denen“, also den Juden, trennen. Soweit ich weiß, sind die allermeisten Juden, die in Deutschland leben, auch Deutsche, selbst wenn viele aus der ehemaligen UdSSR kommen. Genau das wollen die Rechten doch: Ausgrenzung. THOMAS MÖSCH, Bonn

Die taz antwortet
Irrlichternde Assoziation

Die Vokabel biodeutsch stammt nicht von Rechtsextremen, sondern, so weit ich weiß, von dem Grünen Cem Özdemir. Der hat biodeutsch eher spielerisch benutzt, um den Unterschied zwischen Deutschen mit und ohne Migrationshintergrund zu markieren. Biodeutsch ist also ein Versuch, nicht bloß unscharf von Mehrheitsgesellschaft und Minderheiten zu reden, sondern diese Differenz genauer zu beschreiben. Der Versuch von Migranten, dafür die Worte „altdeutsch“ und „neudeutsch“ zu benutzen, darf als gescheitert gelten. Thomas Mösch weist aber mit seiner Kritik auf etwas Problematisches hin. Denn biodeutsch weckt eine irrlichternde Assoziation. Es gibt einen Unterschied zwischen Bürgern, die hier seit fünf, sechs oder mehr Generationen leben, und Einwanderern. Aber das ist eine historische Differenz, keine biologische. Biodeutsch umschreibt also, wenn man es ernst nimmt, etwas Geschichtliches mit einer Naturmetapher. Das dockt an rechtskonservatives Denken an. Insofern sollte man mit dem Begriff vorsichtiger umgehen.

Stefan Reinecke, Parlamentsredakteuer der taz