Sekretär und Sekret

Zähneknirschen und nachdrückliches Amüsement: Bayerns Politiker beim traditionellen Derblecken

Ja, genau so muss das klingen: hundsgemein! Bitterböse! Locker aus der Hüfte geschossen! Und so niederbayerisch, dass man kaum ein Wort versteht!

Rund 550 geladene Gäste hörten vorgestern auf dem Münchner Nockherberg beim traditionellen „Derblecken“ zu. Jedes Jahr wird dort zu Beginn der Starkbierzeit auf humorige, oft auch gallenbittere Art mit der politischen Elite des Landes abgerechnet. Das Novum beim diesjährigen Salvatoranstich: Zum ersten Mal durfte ein Migrant, der deutschtürkische Kabarettist Django Asül, dieses urbayerische Ritual übernehmen.

Entsprechend ambitioniert fiel sie dann auch aus, die traditionelle Schmährede; im Fokus des 34-Jährigen stand die mangelnde Geschlossenheit in der CSU. Horst Seehofer sei leider genau im falschen Moment in andere Umstände geraten, „so wie seinerzeit der Theo Waigel von der Skifahrerin schwanger war“. Edmund Stoiber sei ein „Visionär in den Wechseljahren“, denn je mehr das Klima in der CSU abgekühlt sei, desto heißer sei ihm im vergangenen Jahr geworden. Besonders bemerkenswert fand Asül, wie geschickt Stoiber sich in Berlin entbehrlich gemacht und zugleich all seine Ämter behalten habe – indem er alle Ämter zurückgegeben hat.

Der wie gewohnt ordentlich gescheitelte Markus Söder hingegen gleiche einer „Malaria“, diagnostizierte der ausgebildete Bankkaufmann: Einmal eingefangen, werde man auch ihn einfach nicht mehr los.

Pointiert analysiert Django Asül anschließend das ohnehin nicht sehr komplexe Beziehungsgefüge zwischen den Staatsmännern: „Wie nahe Sekret und Sekretär sich sind“, das zeige schon die Schleimspur, die Söder bis in Stoibers Büro hinein gezogen habe.

In der ersten Reihe saßen – oder besser: lümmelten – die Gescholtenen, darunter Edmund „Edi“ Stoiber mit seiner Gattin Karin, liebevoll „Muschi“ genannt. Und wie jedes Jahr blickte man hier in besonders nachdrücklich amüsierte Gesichter. Betont gelassen: die Körpersprache der Verspotteten. Die Mundwinkel rechts und links der Nase fürs Fernsehen gut sichtbar in Richtung der Augenbrauen gezogen, den Ellenbogen locker, gaaanz locker auf die Banklehne gestützt.

Stoibers Hand zitterte nicht, sie wippte nicht einmal. Wirklich extrem cool, der Mann!

So sieht man also aus, wenn man „mit dem Rücken zur Wand steht“, zu allem Übel auch noch „von Ramsauer umzingelt“.

Und eine weitere Neuheit: Edmund Stoiber kaute tatsächlich Kaugummi. Oder knirschte er etwa doch nur mit den Zähnen?

Johanna Schmeller