Schadstoffe sind mit im Paket

Laut einer unter Abgeordneten kursierenden Liste sind viele vom Liegenschaftsfonds angebotene Grundstücke verunreinigt, darunter auch das Rotaprint-Gelände. Vor dem Verkauf müsste das Land wohl erst sanieren – für viel Geld

Kann ein finanzieller Schildbürgerstreich noch in letzter Minute verhindert werden? Oder handelt es sich bei einer derzeit in Abgeordnetenkreisen kursierenden Liste nur um gezielte Panikmache, um den geplanten Paketverkauf von 45 städtischen Gewerbeimmobilien durch den Liegenschaftsfonds noch zu torpedieren? Fakt ist, dass laut dieser Liste 21 der in dem Paket zusammengefassten 45 Grundstücke eine Eintragung im Bodenbelastungskataster haben. Auf der Liste befinden sich auch die Grundstücke des ehemaligen Rotaprint-Geländes, zum Beispiel die Wiesenstraße 29.

Allgemein ist es üblich, dass der Verkäufer – in diesem Fall das Land Berlin – die Kosten für die Entsorgung von Altlasten oder kontaminierten Böden zu tragen hat. Deswegen sieht Jörg Bürkle, Sprecher der Künstler in der Wiesenstraße 29, „einen schweren finanziellen Verlust auf das Land Berlin zukommen“. Bürkle glaubt den Beteuerungen des Liegenschaftsfonds nicht, dass wegen des Denkmalschutzes ein Abriss des Gebäudes nicht in Frage kommt. Denn „der Denkmalschutz steht laut Gesetz immer unter dem Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit“.

Wegen des riesigen Instandsetzungsstaus lasse sich die als Kaufpreis verlangte Summe von knapp 600.000 Euro unmöglich refinanzieren und führe zwangsläufig zum Abriss des Atelierhauses durch einen Investor, so Bürkle. Bei einem Abriss würde aber vor einem Neubau eine Bodensanierung fällig. Auf Nachfrage verweist Bürkle auf die amtlich beurkundete Bodenkontamination der Wiesenstraße 29.

Nicht genug damit. Als zu Beginn der 90er-Jahre die benachbarten Montagehallen des Druckmaschinenherstellers Rotaprint abgerissen wurden, dauerte die „anschließend zwingend erforderliche Bodensanierung“ laut Bürkle mehrere Jahre und kostete umgerechnet mehr als 5 Millionen Euro. Etwa die Hälfte zahlte das Land Berlin, denn Rest die EU.

Ähnliche Kosten sind auch bei der Wiesenstraße 29 zu erwarten. Die überbaute Grundfläche des Hauses beträgt rund 25 Prozent der damals sanierten Fläche. Rein rechnerisch müsste man nun den Einnahmen aus dem Verkauf des Gebäudes die Ausgaben für die Bodensanierung bei Abriss gegenüberstellen. „In diesem Fall wäre das ein Minusgeschäft“, rechnet auch Jochen Esser vor, der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus.

Solche Zahlenspiele hält Matthias Kolbeck, der Sprecher von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), „für rein hypothetische Überlegungen“. Es sei überhaupt nicht klar, dass ein Investor das Haus abreißen wolle und dürfe. Dieser Position schließt sich auch Liegenschaftsfonds-Sprecherin Irina Dähne an. „Außerdem regeln wir in den Verträgen mit einem Investor, dass die Verantwortung des Verkäufers für eine eventuelle Bodensanierung bei 50 Prozent des Kaufpreises gedeckelt wird“. So etwas sei frei verhandelbar, meint sie. Klären lassen sich die Kosten einer eventuellen Bodensanierung im Vorfeld nicht. Dazu brauche es eine Bodenuntersuchung, sagt Dähne, „und Sie ahnen, was das kostet“. Christoph Villinger