KENNEN SIE PADOVICZ?
: Zwei Herren

Als sei das Leben ein Monopolyspiel

Neulich unterbrach ich im Café Intimes neben dem gleichnamigen Kino meine Zeitungslektüre. Die Unterhaltung zweier Herren am Nebentisch war einfach spannender. Der eine, ein Mann im Wollpullover und ganz offensichtlich ein Bayer, war außer sich. „Das geht so nicht weiter!“ „Ohne Vertrag läuft gar nichts!“ „Erst wenn ich es Schwarz auf Weiß habe!“

Der andere, ein Mann mit Anzug, weißem Hemd und gelber Krawatte, nickte verständnisvoll. Sie warfen mit Geldsummen um sich, als sei das Leben ein Monopolyspiel. „Wir waren bei 900.000 Euro angekommen, und dann ging er kurz vorher mit dem Preis hoch“, schimpfte der Bayer. „Es kursieren so viele Gerüchte auf dem Markt“, bemerkte die gelbe Krawatte und fragte: „Kennen Sie Herrn Galle?“ Der Bayer schüttelte den Kopf. „Ist das Französisch?“ „Nö. Galle wie Leber.“ Ich lachte. Die Herren nicht.

Dann hechelten sie weitere Namen durch, der Bayern schwärmte von „einer ganz fähigen Dame, die stundenlang quatschen kann“, und gaben sich wichtige Tipps. „Vorsicht mit Notaren!“, mahnte der Mann im Anzug. „Ich poche stets auf meinen Hausvertrag“, verkündete der Bayer, „den Rest können Sie in die Tonne treten.“ Ich verstand, dass es um Häuser und Geld ging. Mehr aber auch nicht.

Das änderte sich, als der Bayer den Anzugmann fragte: „Kennen Sie Padovicz?“ Ich wäre am liebsten aufgesprungen und hätte gerufen: „Ich kenne Padovicz!“ Dem gehört nämlich halb Friedrichshain. Das weiß ich von der Mieterberatung, wo ich jedes Jahr hingehe, weil es immer Hudeleien mit den Betriebskosten gibt. Das Haus, in dem ich wohne, liegt wenige Meter neben dem Intimes, und der Besitzer ist, genau, Padovicz. „Sie kennen ihn eher als knausrig?“, fragte der Bayer. „Preisbewusst“, lautete die Antwort. Diesmal lachten die Herren. Ich nicht.

BARBARA BOLLWAHN