„Eine Geschichtenmaschine“

KUNSTPROJEKT „Hotel Hamburg“ weiht Bootssteg der mobilen Hotelbar ein

■ 47, freischaffender Künstler, lebt in Hamburg und leitet die Noroomgallery, mit der er Ausstellungswiesen produzieren will.

taz: Herr Holtmann, Sie eröffnen heute einen Teil der mobilen Hotelbar des „Hotel Hamburg“. Wie würden Sie das Projekt beschreiben?

Jan Holtmann: Das „Hotel Hamburg“ ist das größte Hotel der Stadt, weil jedes Bett in Hamburg zum Hotel dazugehören kann. Umgekehrt ist es ein Hotel nur für Leute, die in Hamburg schon ein Bett haben. Also eben nicht wie bei einem normalen Hotel für Handelsreisende oder Touristen.

Wie läuft das ab?

Man kommt an die Rezeption, meldet sich an, dann wird aber auch der eigene Schlüssel abgegeben. Der Schlüssel kommt ins Schlüsselbrett und man bekommt einen Schlüssel mit einer anderen Adresse zurück.

Das erinnert an das Gastfreundschaftsnetzwerk Couchsurfing. Warum nennen Sie es Kunst?

Auf den ersten Blick ist es ein Tauschprojekt. Künstlerisch steht es in der Tradition des Readymades: Da gibt es einen Gegenstand – das kann ein Alltagsgegenstand sein, den man aber auch als Kunstwerk gebrauchen kann. Wenn ich die Stadt als Hotel annehme und sie wie ein Hotel nutze, ist das eben auch ein ästhetisches Erlebnis. Couchsurfen macht man aus pragmatischen Gründen, um die Kosten für ein Hotel zu sparen. Im „Hotel Hamburg“ gibt es dagegen nur ästhetische Gründe einzuchecken.

Ist das Wort Hotel nicht irreführend, denn dort tauscht man ja nicht Bett gegen Bett, sondern Bett gegen Geld?

Aber man tauscht. Der Untertitel vom „Hotel Hamburg“ ist auch: kostenlos aber nicht umsonst. Es ist insofern kein richtiges Hotel, weil nicht jeder daran teilnehmen kann.

Das Projekt richtet sich wirklich nur an Hamburger?

Man kann auch mitmachen, wenn man in der Stadt Bekannte hat, die bereit sind, sich ebenfalls auf die Reise zu begeben.

Worum geht es im Kern?

Darum teilzunehmen. In der Teilnahme wird erst deutlich, was es ist. Das bildet sich nicht durch Bilder ab, sondern durch Geschichten, die jeder Teilnehmer zu erzählen hat. Es ist also eigentlich eine Geschichten-Produktionsmaschine.

Und was machen Sie mit diesem Material?

In der Lobby könnten sich die Hotelgäste treffen und ihre Geschichten austauschen. Außerdem ist ein Hotelradio in Planung, das projektbegleitend jeden zweiten Tag im freien Radio FSK laufen wird.  INTERVIEW: LKA

„Mobile Hotelbar“: Einweihung des Bootsstegs, Barca, An der Alster 67a, 20 Uhr, weitere Informationen unter www.das-hotel-hamburg.de