Neue Fakten bei erschossenem Studenten: Zwölf Polizeikugeln, sieben von hinten

Im Fall des von Polizisten erschossenen Studenten legt der Staatsanwalt neue Fakten vor: Die Beamten schossen auch von hinten. Außerdem wurden Pfeffersprayreste gefunden.

Zumindest ein Polizist hat offenbar aus einer Schützenposition auf den Studenten geschossen. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Fast drei Monate, nachdem der Regensburger Musikstudent Tennessee Eisenberg, 24, von der Polizei erschossen wurde, hat die Staatsanwaltschaft am Mittwoch erste Resultate eines ballistischen Gutachtens veröffentlicht. Es gibt nun zwar neue Ergebnisse, aber noch immer keine Antwort, warum der von seinen Angehörigen als völlig friedlich beschriebene Student sterben musste.

Am 30. April hatte Eisenbergs Mitbewohner die Polizei alarmiert. Eisenberg habe ihn mit einem Messer angegriffen. Polizisten hätten darauf die Wohnungstür geöffnet und seien von Eisenberg bedroht worden, so die Polizei. Die Beamten hätten erfolglos versucht, den Studenten mit Schlagstöcken und Pfefferspray zu stoppen. Dann schossen sie. Zwei Polizisten gaben 16 Schüsse ab - die kompletten Magazine ihrer Dienstwaffen. 11 Kugeln trafen Eisenberg, eine streifte ihn. Der Student starb.

Nun steht fest: Zumindest einer der Polizisten schoss von hinten auf Eisenberg. "Sieben dieser Schüsse wurden von einer Schützenposition aus abgegeben, die bezogen auf den Getroffenen sich schräg links hinten befunden haben muss", heißt es trocken in einer Mitteilung des leitenden Oberstaatsanwalts Günther Ruckdäschel. Der hatte bislang gesagt, die Polizisten hätten in einer "Notwehr- beziehungsweise Nothilfesituation" geschossen. Davon ist in der aktuellen Mitteilung nun keine Rede. Das Gutachten bestätigt allerdings, dass die Polizisten nicht sofort geschossen haben. An der Kleidung des Toten seien Spuren von Pfefferspray gefunden worden, so der Staatsanwalt. Er erwähnt jedoch nicht, wie schlecht die Beamten mit dem Pfefferspray offenbar gezielt haben.

Der Anwalt Helmut von Kietzell, der Tennessee Eisenbergs Vater vertritt, hat das Gutachten eingesehen und sagt: Man habe zwar Spuren von Pfefferspray am T-Shirt des Opfers gefunden, nicht jedoch in seinem Gesicht. Die Gutachter hätten keine auffällige Rötung der Bindehaut feststellen können. Die Anwälte der Familie haben eine zweite Obduktion des Leichnams in Auftrag gegeben. Nach ersten Ergebnissen wurde Eisenberg womöglich erst durch eine der letzten der 11 Kugeln tödlich getroffen. "Es hat sich noch immer keine Klarheit ergeben", sagt Anwalt von Kietzell. "Das Einzige, was wir nun sicher wissen, ist, dass Tennessee keine Drogen oder Alkohol im Blut hatte."

Der Leichnam könne nach Monaten des Wartens nun beerdigt werden, so der Anwalt. Die Einäscherung sei in die Wege geleitet. Das Ermittlungsverfahren werde erst abgeschlossen, wenn das vollständige Ergebnis der zweiten Obduktion vorliege, so der Staatsanwalt. Der Obduzent ist noch bis Mitte August im Urlaub.

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