Raus aus alten Schubladen

ANTI-DISKRIMINIERUNG Seit Januar gibt es das Gender-Institut in Bremen. Es sieht sich in seiner intersektionalen Herangehensweise als Ergänzung zu den bereits bestehenden Bildungs- und Antidiskriminierungs- Angeboten

Gender, Heteronormatitivätskritik, Diversität, Migration, Antirassismus und Social Justice: Das sind die Themen, zu denen das im Januar gegründete Gender-Institut Bremen Fachvorträge, Workshops, Seminare, Beratungen, Evaluationen, Fortbildungen und Qualifizierungsmaßnahmen anbietet. Noch befindet es sich allerdings ganz am Anfang.

„Erst einmal sind wir ein neuer und wachsender Verein in Bremen“, betont Ines Pohlkamp, Kriminologin und diplomierte Sozialpädagogin. Sie ist eine von drei Referentinnen des Gender-Institut, ausführende Instanz des Vereins Gender Bildung Bremen. „Wir hoffen, dass wir uns langsam etablieren können. Als erstes haben wir viel Arbeit in den Aufbau unserer Website investiert und versuchen, immer wieder als Gender-Institut in verschiedenen Zusammenhängen aufzutauchen, um auf uns aufmerksam zu machen.“

Das erfolgt im Rahmen der Möglichkeiten, denn die Referentinnen des Instituts – neben Pohlkamp sind das Antje Krueger und Jasamin Boutorabi – arbeiten noch ehrenamtlich. Derzeit werden erste Anträge gestellt, um die Arbeit kontinuierlich finanzieren zu können.

In Bremen sehen die drei durchaus Bedarf für ihr Angebot, als Konkurrenz zu anderen Einrichtungen sehe sich das Gender-Institut aber nicht: „Wir verstehen uns als Ergänzung“, sagt Pohlkamp. Vor allem die intersektionale Perspektive in Bildung und Forschung sei neu. Intersektionalität beschreibt die Überschneidung verschiedener sozialer Identitäten in einer Person und die Überschneidung verschiedener Diskriminierungsformen, von der eine Person betroffen sein kann. „So verstehen wir auch Geschlecht nicht nur als eine Kategorie, die für sich alleine steht. Sondern wir betrachten sie immer in Verbindung mit Sexualität, aber auch mit Ethnizität, sozialer Herkunft oder Gesundheit. Wir können Geschlecht also nicht alleine betrachten, deswegen verstehen wir unsere Arbeit als intersektional“, erklärt Pohlkamp.

Ihr Arbeitsschwerpunkt ist Geschlecht und Sexualität: „Ich komme aus der geschlechtersensiblen Bildungsarbeit und der Forschung zu Geschlecht und Sexualität. Ich untersuche derzeit im Rahmen meines Dissertationsprojekts das Verhältnis von Gewalt und nonkonformem Geschlecht“, sagt Pohlkamp. Für sie sei es deshalb wichtig, dass es Angebote gebe, die andere Geschlechter wie Inter- und Transgeschlechtlichkeit berücksichtigten. „Da glaube ich, dass es in Bremen durchaus noch einen Bedarf gibt.“ Derzeit liege der Fokus eher auf Vermittlung und Bildungsarbeit als auf Forschung. Für die Zukunft müsse man sehen, wie sich das Institut weiterentwickelt. Dabei beschränkt sich die Arbeit des Vereins nicht auf Bremen. Eine Kollegin Pohlkamps bietet beispielsweise auf EU-Ebene eine Fortbildung zu internationaler „Social Justice“ an, das sie in Ungarn durchgeführt hat. „Social Justice“ ist dabei nicht einfach mit sozialer Gerechtigkeit gleichzusetzen: Gemeint ist damit ein modifiziertes Trainingsprogramm, das an die Konzepte von Leah Carola Czollek, Gudrun Perko und Heike Weinbach anknüpft. „Bei denen sind zwei von uns ausgebildet worden“, sagt Pohlkamp. „Der Begriff knüpft an US-amerikanische Konzepte an, denen immer eine Analyse von Macht- und Herrschaftsanalyse zugrunde liegt.“

Dabei gehe es nicht nur darum, dass es gleiche Teilhabe für alle geben solle, „sondern verschiedene Personen in dieser Gesellschaft anerkannt werden sollen und wir quasi in einem gegenseitigen Lernprozess Möglichkeiten finden, wie antidiskriminierendes Handeln auf individueller, kultureller und struktureller Ebene möglich wird.“

Informationen zu den Angeboten des Gender-Instituts gibt es unter www.genderinstitut-bremen.de.  ANDREAS SCHNELL