Hörspiele aus Hollywood: Die goldene Ära des Radios

In den 1930er und 1940er Jahren wurden Hörspiele in den USA aufwendig produziert – anders als heute. Eine neue Reihe des RBB läst die Ära wieder aufleben.

Beeindruckend real: Menschenmassen beobachten Ufo. Bild: dpa

Es klingt ganz wunderbar. Ein leises Knistern. Hektische Schritte, die immer näher kommen, bis sie einem fast übers Gehirn zu rennen scheinen. Ein spitzer Frauenschrei dringt ans linke Ohr ­ und dann ein krachend lauter Donner.

Ein Sound wie Tweet und Leder, schön wertig hören sie sich an, diese Hörspiele aus dem Hollywood der 1930er und 1940er Jahre. Ein bisschen verstaubt natürlich auch. Artefakte aus einer Zeit, in der das Radio noch Millionen Hörer anlockte und jede Menge Budget verfügbar war, um aus einem trockenen Manuskript Hörspiele zu machen. Und zwar welche, die mit großen Leinwandstars besetzt waren: Cary Grant, Humphrey Bogart, Ingrid Bergmann und Marlene Dietrich.

Was dem Prominenten von heute sein Twitter-Account, war ihm damals der Radioauftritt: Die Stars bewarben ihre Filme mit Audiofassungen fürs Radio, das damals ein Millionenpublikum in den USA erreichte. Oder sie spielten gleich bei Hörspielproduktionen mit – oft live, vor Publikum, in Sendungen wie dem Radio Lux Theatre, das bis in die frühen Fünfziger ausgestrahlt wurde.

Glamourös und aufwendig produziert: Dieser goldenen Ära des Radios widmet das RBB Kulturradio sich einen Monat lang. Von Archivmaterial bis zu historischen Neuproduktionen reicht das Hörspielprogramm, das sie senden werden – meist unaufdringlich mit ein wenig deutschen Erläuterungen ergänzte Orginalaufnahmen der Hollywood-Stars.

Marsmenschen in New Jersey

Die Reihe startet am 1.Mai mit dem Klassiker „Krieg der Welten“ von Orson Welles (14.04 Uhr). Die Produktion, die als Live-Reportage über eine Invasion von Marsmenschen in New Jersey inszeniert ist, irritierte bei der Erstausstrahlung zwar viele Hörer und machte Regisseur Welles auf einen Schlag berühmt. Dass das Hörspiel eine Massenpanik ausgelöst haben soll, ist aber eine maßlose Übertreibung.

Trotzdem klingen in den entsetzten Augenzeugenberichten der Reporter von „Krieg der Welten“ so viele Emotionen mit, wie man sie heute im Radio höchstens noch bei der Bundesliga-Schlusskonferenz abstauben kann. Ganz anders als viele Hörspielproduktionen der jüngsten Zeit, auf deren künstlichen Klangmontageteppichen nur hier und da noch ein paar Plothäufchen verstreut werden.

Ein wenig altmodisch sind sie natürlich schon, die Drehbücher vieler dieser Hörbücher. Da bricht schon einmal die kleine Welt zusammen, wenn in bedrohlicher Szenerie kein männlicher Beschützer im Haus ist, und zur Begrüßung bietet man sich natürlich zuallererst einen ordentlichen Brandy an. Etwa bei den Produktionen „Time for Love“ (29.Mai, 22.04 Uhr), in denen die alternde Marlene Dietrich, die immer seltener Rollen beim Film bekam, eine Nachtclubsängerin spielt, die auf der ganzen Welt Kriminalfälle löst.

Zu hören ist das im englischen Orginal – für deutsche Zuhörer unaufdringlich ergänzt mit einem Erzähler (Allessprecher Christian Brückner), der übersetzt, was zum Verständnis der Geschichte unabdingbar ist, ohne die Orginalaufnahmen plattzuquatschen. Tolle Sprecher, hörbar sorgfältig gesetzte Geräusche und Musik: Wer Hörspiele liebt, kann da fast schon wehmütig werden. Besonders, wenn er gewöhnt ist, was heutzutage als Hörbuch verkauft wird: Text vorgelesen von einem einzigen Sprecher, der höchstens unterschiedliche Charaktere leicht unterschiedliche Stimmen verleiht.

Hintergrund zum Aufstieg und Fall dieser goldenen Ära des US-Radios liefert das Feature „Als Hollywood ins Radio kam“ (8.Mai, 22.04 Uhr), eine Produktion des HR aus dem Jahr 2005. Hightlight der Reihe ist jedoch das Hörspiel „Die Wendeltreppe“ (31.Mai, 14.04 Uhr), ein Remake eines Klassikers von 1945, das 2015 mit Kunstkopftechnik hörbar aufwändig produziert wurde.

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