Propagandakrieg in der Ukraine: Einsatz an der virtuellen Front

Mit „Internetsoldaten“ will die Ukraine der russischen Propaganda Paroli bieten. Eine ihrer Aufgaben: Aufrufe zur Wehrdienstverweigerung im Netz aufspüren.

Nicht nur auf Panzern,sondern auch im Netz sollen die ukrainischen Nationalfarben präsent sein. Bild: reuters

KIEW taz | Seit wenigen Tagen ist das ukrainische Portal „i-army.org“ online. Auf der vom ukrainischen Informationsministerium administrierten Seite kann sich eintragen, wer als Internetsoldat an der Informationsfront des „Hybridkrieges“ kämpfen will.

Ein „Hybridkrieg“, so die Macher der Seite, sei ein Krieg mit echten Opfern und verlogenen Informationen. In nur einem Jahr, so das Portal, habe man es geschafft, eine starke kämpfende Truppe zu schaffen, die „mutig unser Territorium im Donbass verteidigt“. Nun sei es an der Zeit, den russischen Okkupanten auch auf der Informationsfront entgegenzutreten.

Mit dem neuen Online-Projekt kämpft die Ukraine um den virtuellen Raum, den prorussische Kräfte wie „Cyber-Berkut“ oder auch Kriegsdienstverweigerer nutzen, um über die Computer von Internet-Nutzern direkt in ukrainische Wohnzimmer einzudringen.

Wer sich auf „i-army“ als Online-Kämpfer registrieren lässt, erhält jeden Tag eine Aufgabe. Zunächst wird der virtuelle Soldat gebeten, die Seiten der „Informationsstreitkräfte der Ukraine“ auf den sozialen Netzwerken zu liken, zu adden und Freunde einzuladen, dies ebenfalls zu tun.

Jeden Tag im Informationskrieg

Eine nächste Aufgabe des Online-Soldaten ist es, seine Freunde auf „i-army.org“ einzuladen und sie zu bitten, sich ebenfalls auf der Seite als Online-Soldat registrieren zu lassen. In einem weiteren Schritt fordert der Administrator seine Online-Kämpfer auf, im Netz aktiv die ukrainische Wahrheit zu verbreiten und gibt gleichzeitig den Rat, unter einem frei gewählten Namen zu agieren.

Welche Aufgaben sich darüber hinaus im Katalog finden, ist derzeit unter Verschluss. Doch Arbeit scheint es für die online-Kämpfer genug zu geben. Wer sich einmal eingetragen hat, so der Administrator der Seite, müsse jeden Tag für den Informationskrieg zur Verfügung stehen, die ihm auferlegten Aufgaben peinlichst genau erledigen. Eine weitere Aufgabe könnte das Aufspüren von Aufrufen zur Kriegsdienstverweigerung im Internet und in sozialen Netzwerken sein.

Am Montag dieser Woche hatte die online-Ausgabe der ukrainischen Zeitschrift Korrespondent von neuen Strafandrohungen gegen aktive Kriegsdienstverweigerer berichtet. So habe der Nationale Sicherheitsrat dem Korrespondent mitgeteilt, dass der Sicherheitsrat in Zukunft bei Aufrufen zur Kriegsdienstverweigerung in sozialen Netzwerken innerhalb von 24 Stunden ein Strafverfahren einleiten werde. Wem man eine Behinderung der ukrainischen Truppen über das Internet nachweisen könne, der müsse mit einer Freiheitsstrafe von bis zu acht Jahren rechnen.

Kürzlich hatten Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdienstes im Gebiet Tscherkass einen 56jährigen Lehrer verhaftet. Dieser soll im Internet vorformulierte Schreiben veröffentlicht haben, in denen Wehrpflichtige der Wehrbehörde mitteilen sollten, dass sie für den Krieg nicht zur Verfügung stünden.

Verwarnungen für Fernsehsender

Auch im elektronischen Bereich wird der Kampf um die Herzen der Fernsehzuschauer geführt. So plant das ukrainische Informationsministerium in Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium einen neuen Fernsehkanal, der sich schwerpunktmäßig militärischen Themen widmen wird. Daneben, so Informationsminister Juri Stez, plane man den Start eines internationalen Senders „Ukraine Tomorrow“.

Gleichzeitig wurden in den letzten Monaten mehrere ukrainische Fernsehstationen verwarnt. Dem Kanal „Inter“ wird vorgehalten, in der Silvesternacht russische Künstler gezeigt zu haben, die für ihre antiukrainische Position bekannt seien. Der Kanal „NewsOne“ erhielt eine Verwarnung für ein Interview mit Nikolaj Asarow, der unter Präsident Janukowitsch Regierungschef war. „EspresoTV“ wurde wegen der Ausstrahlung eines Fernsehauftrittes des russischen Präsidenten Wladimir Putins im Dezember abgemahnt.

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