Gedenkmarsch für den Maidan: Für die Unabhängigkeit

Tausende Menschen erinnern an die Toten der Maidan-Proteste in Kiew. Bei einem Anschlag auf die Feier in Charkiw sterben zwei Menschen.

Grabkerzen erinnern an die Toten vom Maidan. Bild: reuters

KIEW taz | Weitgehend schweigend ziehen Tausende Menschen am Sonntag vom Maidan über die Institutskaja Straße, die inzwischen in ihrem ersten Abschnitt zur „Straße der himmlischen Hundert“ umbenannt ist. Der Abschnitt war zentraler Ort der Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und den Maidan-Demonstranten war. Die Teilnehmer der Gedenkfeier laufen zum großen Holzkreuz auf der Anhöhe, die zum Parlament führt. Aus den Lautsprechern tönt gedämpfte Trauermusik.

Viele von ihnen führt ukrainische Fahnen oder Porträts von getöteten Aktivisten des Maidan mit sich. Eine Hundertschaft von uniformierten Kämpfern der sogenannten Kräfte der Selbstverteidigung des Maidan skandiert Sprüche wie „Ruhm der Ukraine – den Helden Ruhm“, „Ukraine über alles!“, „Tod den Feinden!“.

Genau vor einem Jahr, in der Nacht zum 22. Februar 2014, hatte der damalige Präsident Wiktor Janukowitsch Kiew fluchtartig verlassen. Am selben Tag war Alexander Turtschinow, einer der Organisatoren des Maidan, zum Sprecher des Parlaments gewählt worden.

„Wir sind heute hier für all die Männer und Frauen des Maidan, die nicht mehr bei uns sind. Sie haben ihr Leben für unsere Freiheit und die Unabhängigkeit unseres Landes gegeben“, erklären drei junge Frauen. Wenig später rollt ein weißer Mercedes-Bus in unmittelbare Nähe des Holzkreuzes. Unter den Staatsgästen, die aus dem Bus aussteigen, sind auch Bundespräsident Joachim Gauck und EU-Ratspräsident Donald Tusk. Angeführt von Präsident Poroschenko und Kiews Bürgermeister Klitschko bewegen sich die ausländischen Gäste in Richtung des Holzkreuzes, um der Toten des Maidan zu gedenken.

Spenden für die Truppen

Am Rand das Publikum: „Ich bin heute hier, weil ich all die vertreten möchte, die im Osten des Landes für unsere Unabhängigkeit kämpfen“, erklärt Oles, der mit einer transparenten Box Spenden für die Truppen der „Antiterrorkampagne“ sammelt. „Nicht nur auf dem Maidan sind Männer und Frauen für unsere Unabhängigkeit gestorben. Tagtäglich sterben Ukrainer im Osten des Landes, weil sie unsere Unabhängigkeit gegen die russische Aggression verteidigen“, sagt er.

Ein anderer Vertreter der „Kräfte der Selbstverteidigung des Maidan“ verteilt eine Schrift des früheren Maidan-Kommandanten Andrij Parubij. „Abertausende Männer der Kräfte der Selbstverteidigung des Maidan“, schreibt der frühere Maidan-Kommandant, seien in den Osten gegangen, wo sie heldenhaft für die Ukraine kämpfen. „Unsere Kämpfer weinen nicht, sie sind dort auf den Barrikaden, wo sich, genauso wie vor einem Jahr auf dem Maidan, nun das Schicksal des Landes entscheidet.“

Das Gedenken an die Opfer des Maidan und die Unterstützung für den Kriegseinsatz im Osten des Landes sind bei den Gedenkfeierlichkeiten eng miteinander verknüpft. Eine große Ausstellung auf dem Maidan erinnert an die Kämpfer im Osten des Landes, ruft zu Spenden für die ukrainische Armee auf. Das Foto des Anfang Februar tödlich verunglückten Rocksängers Kusma Skrjabin, das die Säule des Maidan noch vor wenigen Tagen schmückte, war rechtzeitig zu den Gedenkfeierlichkeiten entfernt worden. Das dürfte kein Zufall gewesen sein. Kusma hatte aus seiner Ablehnung des Kriegseinsatzes im Osten des Landes keinen Hehl gemacht.

Unterdessen wurde bekannt, dass in der ostukrainischen Stadt Charkiw bei einer Gedenkveranstaltung für die Opfer des Maidan bei einem Anschlag auf die Demonstration zwei Menschen getötet wurden. Die Behörden gehen davon aus, dass es sich um einen Terroranschlag handelt.

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