Fehlerhafte Fehmarnbelt-Finanzierung: Kartenhaus an der Ostsee

Die Kosten des Tunnelprojekts überspringen die Marke von zehn Milliarden Euro.

Wird immer teurer: die geplante Fehmarnbelt-Querung zwischen Dänemark und Schleswig-Holstein. Bild: dpa

HAMBURG taz | Bettina Hagedorn hat genau nachgerechnet: „Das ist eine geschönte Kostenkalkulation“, sagt die SPD-Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein über die neuesten Berechnungen der dänischen Regierung zum Fehmarnbelt-Tunnel. Die hat gegenüber dänischen Medien die Kosten um 25 Prozent nach oben korrigiert, und Hagedorn, im Haushaltsausschuss des Bundestages zuständig für deutsche Verkehrsprojekte, hält selbst das noch für „völlig unseriös“. Eine Rücklage sei „umgewidmet worden, um die tatsächliche Kostensteigerung zu verschleiern“ und ein zu hoher EU-Zuschuss eingeplant worden: „Das ist Schönrechnerei“, urteilt Hagedorn.

Nach Angaben des dänischen Verkehrsministeriums liegen die Kosten für den Schienen- und Straßentunnel in der Ostsee zwischen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf der dänischen Insel Lolland jetzt bei 7,4 Milliarden Euro. Vor einem Jahr waren die Kosten noch mit 5,5 Milliarden angegeben worden. Die neue Kalkulation ergibt sich aus den Kostenvoranschlägen von Baufirmen, die ihre Angebote der staatlichen Realisierungsgesellschaft Femern A/S vorgelegt haben. In dem Betrag enthalten ist eine von 900 auf 740 Millionen Euro gekürzte Risikoreserve, die Dänemarks Verkehrsminister Magnus Heunicke laut dänischen Zeitungsberichten nunmehr als zu gering kritisiert hat.

Wenn Femern A/S die Angebote der Baufirmen nicht herunterhandeln kann, erhöht sich die Summe somit um 160 Millionen auf 7,56 Milliarden Euro. Zudem sei ein um mindestens 180 Millionen Euro zu hoher Zuschuss der EU von einer Milliarde Euro einkalkuliert worden. Somit stiegen die Kosten nur für den Tunnel auf 7,754 Milliarden Euro. Heunicke habe angedeutet, berichtet Hagedorn, „dass der Tunnelbau insgesamt in Frage steht“.

Hinzu kämen auf dänischer Seite unveränderte Kosten von 1,3 Milliarden Euro für den Ausbau von Schienen und Straßen zwischen Rødby und Kopenhagen. Der dänische Steuerzahler müsste somit über Staatsgarantien für Kredite in Höhe von bis zu neun Milliarden Euro haften, die Femern A/S für den Bau aufnehmen müsste. Dadurch verlängere sich auch die Dauer der Amortisierung durch die Tunnelmaut von bislang 32 auf 39 Jahre. Zusammen mit den mindestens 1,5 Milliarden Euro für den Verkehrsanschluss auf deutscher Seite würde somit die Schallmauer von zehn Milliarden Euro durchbrochen, wovor Gegner des Projekts bereits seit Langem warnen.

Die Grundlage für die Fehmarnbelt-Querung ist der deutsch-dänische Staatsvertrag von 2009.

Strecke: Die gut 19 Kilometer breite Meerenge soll für eine vierspurige Autobahn und zwei Bahngleise untertunnelt werden.

Anschluss Dänemark: Straßen und Schienen von Rødby bis Kopenhagen werden auf Staatskosten von etwa 1,3 Milliarden Euro ausgebaut.

Anschluss Deutschland: Straßen und Schienen von Fehmarn bis Lübeck sollen auf Kosten von Bund und Bahn für mindestens 1,5 Milliarden Euro ausgebaut werden.

Am nächsten Dienstag will Heunicke in Berlin mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) über den Tunnelbau sprechen. Tags darauf will er den Entwurf eines Baugesetzes in das dänische Parlament einbringen. Damit das Folketing weiß, über welche Summen und Risiken es entscheiden soll, ist eine belastbare Kostenkalkulation nötig. Hagedorns Prognose ist eindeutig: „Die gesamte Kalkulation wird in sich zusammenbrechen wie ein Kartenhaus.“

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