Gericht über Einsätze der Bundespolizei: Ländersache? Bundessache?

Die Bundesregierung informiert nicht ausreichend über unterstützende Einsätze der Bundespolizei. Das Bundesverfassungsgericht spricht von „einer Kontrolllücke“.

Laut vielen Verfassungsrichtern ist eine Vermischung der Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern bei Polizeieinsätzen nicht sinnvoll. Bild: dpa

KARLSRUHE rtr | Die Bundesregierung muss sich für unterstützende Einsätze der Bundespolizei in den Ländern künftig wohl stärker rechtfertigen als bisher. Das wurde am Dienstag bei einer mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts deutlich.

Bei der Information des Bundestags über solche Einsätze gebe es bisher „vielleicht eine Kontrolllücke“, sagte Verfassungsgerichtspräsident Andreas Voßkuhle. Den Angaben zufolge hat die Zahl solcher Großeinsätze bei Demonstrationen oder Fußballspielen in den vergangenen Jahren stark zugenommen.

Die Bundesregierung streitet eine eigene Zuständigkeit für solche Unterstützungseinsätze der Bundespolizei ab und sieht das jeweils anfordernde Land in der alleinigen Verantwortung. „Polizeieinsätze sind Ländersache“, sagte Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. „Wenn die Bundespolizei in den Ländern unterstützend tätig wird, werden daraus keine Polizeieinsätze des Bundes“, betonte der Vertreter der Bundesregierung. Die Bundespolizei unterliege dabei den fachlichen Weisungen des Landes.

Die Linke: Bundesregierung ist Rechenschaft schuldig

Mehrere Verfassungsrichter machten deutlich, dass eine Vermischung der Verantwortlichkeiten von Bund und Ländern bei solchen Einsätzen nicht sinnvoll sei. „Das würde ein ziemliches Kuddelmuddel geben“, sagte Richter Peter Müller. Voßkuhle merkte aber an, in bestimmten Fällen sei es nicht ganz einleuchtend, dass die Bundesregierung parlamentarische Anfragen gar nicht beantworten müsse.

Etwa, wenn die Regierung eine „klare Haltung“ zur Ausrüstung der Bundespolizei mit bestimmten Waffen habe. Oder wenn die Bundespolizei zu einer „nach GSG-9-Standard ausgebildeten, martialischen Eingreiftruppe“ werde, während die Länderpolizei eher als „brave Bürgerpolizei“ auftrete.

In dem Verfahren klagt die Linksfraktion im Bundestag gegen die Bundesregierung, die ihr die Antwort auf Anfragen zu zwei großangelegten Unterstützungseinsätzen der Bundespolizei im Jahr 2011 verweigert hatte. Am 19. Februar 2011 hatte ein geplanter Großaufmarsch von Rechtsextremisten in Dresden Straßenschlachten zwischen der Polizei und gewaltbereiten Linksextremisten ausgelöst. Außerdem wurde die Bundespolizei am 1. Mai 2011 wegen möglicher Krawalle in Berlin und Heilbronn zur Unterstützung der Länderpolizeien eingesetzt.

Die Linksfraktion sieht zumindest eine Restverantwortung der Bundesregierung, da sie solche Einsätze beeinflussen könne. Darüber sei sie Rechenschaft schuldig. „Es geht uns um die Möglichkeit, die Regierung zu kontrollieren“, sagte die Linke-Abgeordnete Caren Lay in Karlsruhe. Ein Urteil wird in einigen Monaten erwartet.

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