Pflege-TÜV in Deutschland: Sechs, setzen!

CDU-Politiker Jens Spahn will das Notensystem für Pflegeheim abschaffen. Es sei ein Desaster. Momentan gibt nicht einmal K.o.-Kriterien bei schlechten Leistungen.

Was gibt´s hier für eine Note? Gymnastikstunde in einem Pflegeheim in Stuttgart Bild: ap

MÜNCHEN kna | Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn hat erneut ein Ende des Pflege-TÜV gefordert. In einem Interview der Süddeutschen Zeitung plädierte er dafür, das Notensystem für die Pflegeheime wieder abzuschaffen. „So, wie das heute läuft, ist es einfach nur ein Desaster.“ Im Dezember hatte auch der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU), vorgeschlagen, das Benotungssystem bis zu einer Reform komplett auszusetzen.

Das System der Pflegenoten habe „bei maximalem Aufwand und Ärger nichts, aber auch gar nichts gebracht“. Wenn etwas nach so vielen Jahren nicht funktioniere, „dann sollten wir es einfach einmal streichen“, sagte Spahn, der auch dem CDU-Präsidium angehört.

Auch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sieht Reformbedarf beim Pflege-TÜV. „Die Qualität und das Angebot von Pflegeeinrichtungen muss transparent und nachvollziehbar sein“, erklärte der Minister am Mittwoch in Berlin. Dafür seien aussagekräftigere Qualitätskriterien notwendig. Ein ersatzloses Streichen der Pflege-Noten sei aber nicht zielführend.

Auch die SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und Hilde Mattheis sowie die Deutsche Stiftung Patientenschutz und der Medizinische Dienst der Krankenkassen lehnten eine Abschaffung der Pflegenoten ab. „Das Instrument zu verteufeln, hilft den Pflegebedürftigen und Angehörigen nicht weiter“, sagte Mattheis. Patientenschutz-Vorstand Eugen Brysch erklärte, die Menschen brauchten leicht verständliche Pflegenoten. Unverzichtbar seien aber Kernnoten für die medizinische und medikamentöse Versorgung, sowie besondere Hilfen für Demenzkranke und Sterbende. „Gibt es hier schlechte Noten, darf es zu keiner guten Gesamtnote kommen.“

Der sogenannte Pflege-TÜV war 2009 in Deutschland eingeführt worden. Alle 12.000 Pflegeheime und 12.000 ambulanten Dienste werden seitdem jährlich vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) in Augenschein genommen und mit Schulnoten von 1,0 (sehr gut) bis 5,0 (mangelhaft) bewertet.

Die vorab festgelegten Bewertungskriterien haben dazu geführt, dass alle Heime im Bundesdurchschnitt eine Note von 1,3 erhalten haben. Kritik entzündet sich insbesondere daran, dass keine K.o.-Kriterien eingeführt wurden. Schlechte Pflege kann durch einen guten Speiseplan oder eine schlechte Medikamentenversorgung durch schöne Karnevalsfeiern ausgeglichen werden.

Versagen der Interessengruppen

Die Schuld an dem Desaster Pflege-TÜV trägt nach Spahns Worten die sogenannte Selbstverwaltung. Die Verbände der Pflegeeinrichtungen und die Kassen hätten den Auftrag gehabt, sich auf ein Konzept zu verständigen. Das sei nicht gelungen. Die Noten seien vielmehr ein klassisches Beispiel für das Versagen der Interessensgruppen.

Spahn schlug vor, künftig zwar auf die Pflegenoten zu verzichten, die regelmäßige Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) aber beizubehalten. „Der MDK kontrolliert die Heime ja weiterhin.“ Vielleicht müsse man dann einfach die Prüfungsberichte in verständlicher Form veröffentlichen.

Auch der Sozialverband VdK forderte eine Abschaffung des jetzigen Systems der Pflegenoten. Eine unzureichende Flüssigkeitsversorgung sollte ihrer Ansicht nach immer die Gesamtnote Fünf nach sich ziehen, sagte Präsidentin Ulrike Mascher in München.

Sie empfahl Angehörigen, beim Lesen der Testberichte im Internet gezielt die Unternoten im Bereich Pflegequalität anzusehen. „Wenn in diesem Kernbereich schlechte Noten vergeben wurden, sollte man das betroffene Heim besser meiden.“ Der VdK sieht in den detaillierten Prüfberichten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK), die schon jetzt Teil des Pflege-TÜV sind, eine sinnvolle Grundlage zur Bewertung von Pflegeeinrichtungen. „Sie müssen künftig nur besser genutzt werden.“

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