272. Tag FDLR-Kriegsverbrecherprozess: „Nur der Präsident ist befugt“

Ein interner FDLR-Brief stellt die Machtfülle der Angeklagten klar. Und in einem Briefumschlag befanden sich Diamanten, die wie Sandkörner aussahen.

„Wechselgeld auf dem Markt“: So schön wie diese in Indien sahen die Diamanten im Besitz von Straton Musoni allerdings nicht aus. Bild: reuters

STUTTGART taz | Hatten Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, respektive Präsident und 1. Vizepräsident der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) vor ihrer Verhaftung in Deutschland 2009 Kommandogewalt über ihre Miliz im Kongo? Das ist die Kernfrage beim Prozess gegen die beiden, der vor dem Oberlandesgericht Stuttgart seit Mai 2011 läuft.

Musoni hat es in eigenen Einlassungen verneint, Murwanashyaka schweigt, aber lässt es ebenfalls beständig bestreiten.

Am 15. Dezember 2014, dem 272. Verhandlungstag des Prozesses, wird dann schließlich „Asservat 2.1.2.13“ auf die Leinwand des Gerichtssaals gebeamt und vorgelesen: ein Schriftstück mit FDLR-Briefkopf, gezeichnet Ignace Murwanashyaka, Bonn, 7. Juli 2005. Es handelt sich um eine „Weisung betr. Kommuikation“. Der volle Wortlaut, in deutscher Übersetzung:

„1. Nur der Präsident und der 1. Vizepräsident sind befugt, Kommunikation mit dem Terrain zu beginnen. 2. Kommunikation zwischen Westen und Terrain muss vom Präsidenten oder 1. Vizepräsidenten genehmigt werden. 3. Wer dagegen verstößt, wird bestraft.“

Anders gesagt: Nur Murwanashyaka und Musoni durften von außen in Kommunikation mit den im Ostkongo (auf dem „Terrain“) stationierten FDLR-Truppen treten. Selbst Kommunikation zwischen diesen Truppen und Kongos Hauptstadt Kinshasa (das ist vermutlich mit dem „Westen“ gemeint) ist der Genehmigung durch die politische Exilführung in Deutschland unterworfen.

Ein glasklarer Beweis?

"Keine allgemeine Anweisung"

Mitnichten, erklärt Musoni umgehend und verweist auf das Datum - ein Zeitraum politischer Machtkämpfe innerhalb der FDLR. Es habe unter den Politikern einen Flügel gegeben, der Murwanashyaka absetzen wollte und dafür Unterstützung bei den FDLR-Truppen suchte - das wollte der Präsident natürlich unbinden.

„Deshalb hat Murwanashyaka dieses Communique geschrieben.“ Angewandt worden sei es nie. „Dies ist keine allgemeine Anweisung.“

Es werden auch eine Reihe von Listen mit FDLR-Ausgaben verlesen, die Musoni einst anfertigte - mehrere Reisen des Präsidenten, Telefonkosten seiner Frau in Höhe von €1500, Telefonkosten des auf Musonis Ehefrau laufenden Anschlusses in Höhe von ebenfalls €1500, zwei Computer à €700.

205 kleine Rohdiamanten aus Sambia

Und es gibt das vom Bundeskriminalamt im Jahr 2010 in Auftrag gegebene Gutachten über die Diamanten, die bei Straton Musonis Festnahme 2009 in seiner Wohnung gefunden wurden. Insgesamt waren es 205 Rohdiamanten, allerdings sehr kleine und inscheinbare, wie auch die auf die Leinwand gebeamten Fotos zeigen: Gesamtgewicht von lediglich 45,533 Karat, Gesamtwert von €281,55. Die Diamanten waren eher grobe Sandkörner, in Glasröhrchen in Papierkuverts aufbewahrt.

Musoni habe die Steine in Sambia bekommen, erklärt dazu seine Verteidigerin. „Als Wechselgeld auf einem Markt.“

Schon im Mai 2012 waren diese Diamanten Thema in der Hauptverhandlung gewesen. Damals hieß es, Musoni habe sie im Jahr 2000 in Sambia aufgedrückt bekommen, als er eigentlich Musikkassetten kaufen wollte. An „zwölf bis fünfzehn“ kleine Steine erinnere er sich, sagte seine Verteidigerin damals; danach habe er sie in einem Koffer verstaut und vergessen.

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