Gewalt gegen israelische Zivilisten: Aufgeheizte Stimmung

Ein Palästinenser greift eine israelische Familie mit Säure an. Nach dem Tod des Fatah-Funktionärs Siad Abu Ein ist die Sicherheitslage angespannt.

Die nur leicht verletzten Opfer des Säureanschlags werden versorgt. Bild: Reuters

JERUSALEM taz | Der gewaltsame Kampf palästinensischer Extremisten gegen die Besatzung nimmt immer neue Formen an. Zum ersten Mal griff am Freitag Mittag ein mit Säure bewaffneter Mann unweit von Bethlehem eine israelische Familie an. Zwei Erwachsene und vier Kinder mussten mit Hautreizungen, Atembeschwerden und brennenden Augen zur stationären Behandlung ins Krankenhaus.

Der Angreifer, der, Augenzeugen zufolge, nach dem Säureangriff noch mit einem Schraubenzieher weitere Menschen zu verletzen versuchte, konnte von einem bewaffneten israelischen Zivilisten mit Schüssen in die Beine außer Gefecht gesetzt werden. Im Westjordanland galt für Israels Sicherheitsdienste schon vorher erhöhte Alarmstufe, nachdem am Mittwoch der Fatah-Funktionär Siad Abu Ein unmittelbar im Anschluss an eine Demonstration gestorben war.

Obschon bei der Autopsie des palästinensischen Politikers Pathologen aus dem Westjordanland, Israel und aus Jordanien zugegegen waren, gehen die Interpretationen der Untersuchungsergebnisse auseinander. Für die Palästinenser ist Abu Ein ein Märtyrer, der infolge der Gewaltenwirkung durch die Soldaten gestorben ist. In Israel geht man davon aus, dass Abu Ein, der gesundheitlich stark angeschlagen war, einem Herzversagen erlag.

Noch vor der Autopsie schien für die Führung in Ramallah festzustehen, dass der Fatah-Funktionär, der für den Bereich israelische Siedlungen und Trennanlagen zuständig war, Opfer eines „barbarischen Akts“ geworden war, wie es Palästinenserpräsident Machmud Abbas nannte.

Entscheidung über Sicherheitskooperation steht noch aus

Der Säueranschlag vom Freitag könnte mit durch den Tod des im Westjordanland populären Abu Ein motiviert gewesen sein. In Hebron versammelten sich hunderte Demonstranten aus Zorn gegen die Soldaten. Die palästinensische Führung heizte die aufgebrachten Emotionen zusätzlich an, als sie ein Aussetzen der Sicherheitskooperation in Aussicht stellte.

Die für Freitag Nachmittag geplante Entscheidung über die Zusammenarbeit zwischen der palästinensischen Polizei und Israels Armee, die im Westjordanland zunehmend kritisiert wird, wurde zunächst vertagt. Saeb Erikat, Chefunterhändler der PLO (Palästinensische Befreiungsorganisation) bei den Friedenverhandlungen, erklärte gegenüber der palästinensischen Nachrichtenagentur Maan, dass die Beziehungen zu Israel „eingeschränkt“ werden sollen, indem die „Sicherheitskooperation gestoppt“ wird.

Die palästinensische Führung werde zudem in Kürze vor den UN-Sicherheitsrat ziehen, um eine Resolution zu bewirken, die den Zeitrahmen für ein Ende der Besatzung festlegt. Ferner wolle sich Palästina dem Internationalen Strafgerichtshof anschließen, kündigte Erikat an.

Israel lehnt derart einseitige Maßnahmen ab und beharrt darauf, dass eine Lösung nur durch Verhandlungen erreicht werden kann. Seit dem Frühjahr, als der unter der Schirmherrschaft von US-Außenminister John Kerry geführte direkte Dialog erneut ohne Ergebnisse blieb, liegt der Friedensprozess indes auf Eis.

Trotzdem rechnen politische Beobachter in Israel nicht mit dem Abbruch der Sicherheitskooperation, da sonst „die Hamas ihre Machtposition im Westjordanland“ gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde stärken würde, schreibt Elior Levy in der Tageszeitung Jediot Achronot.

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