„Freiheits-Konvent“ der FDP: Die Reihen lichten sich

Über ein Jahr nach dem Desaster bei der Wahl zum Bundestag sucht die FDP ihre Leitlinien. Am Sonntag trifft die Führung auf ihre ratlose Basis.

Generalsekretärin Beer und Parteichef Lindner müssen derzeit viele Niederlagen erklären. Bild: dpa

BERLIN taz | Was treibt eigentlich die FDP? Jene Partei, die 2013 nach 64 Jahren aus dem Bundestag geflogen ist und seither einen Landtag nach dem anderen verlassen muss? Die FDP schraubt noch immer an der Frage, was genau sie denn künftig sein möchte. Dafür trifft sie sich an diesem Wochenende zu einem „Freiheits-Konvent“ in Berlin, um über „Zukunftsthemen“ zu debattieren.

Aber hat sie ihre Zukunft nicht längst schon hinter sich? Bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben eurokritische FDP-Wähler diesmal ihre Stimmen lieber der AfD gegeben. Auf ihrem Bundesparteitag haben die Grünen gerade den liberalen Kampfbegriff Freiheit für sich gekapert. Und schon bald wählen die Hamburger ihre neue Bürgerschaft – in den Umfragen liegen die Liberalen dort bei 2 Prozent. Es sieht also nicht gut aus für die FDP.

Beim Freiheits-Konvent sollen Mitglieder und Parteiführung das Leitbild der Partei neu justieren. In fünf Foren geht es um die Themen Bildung, Aufstieg durch Leistung, Selbstbestimmung, Wirtschaftlichkeit und den schlanken Staat.

Dass auf allen Podien ausschließlich Männer ihre Expertisen abgeben werden, spricht nicht eben für die Erkenntnis seitens der FDP-Strategen, dass im 21. Jahrhundert Wahlen nicht ohne Ansprache und Präsenz von Frauen gewonnen werden können. Von den 56.000 Mitgliedern sind bisher nur 23 Prozent Frauen.

Gefühlskalte Besserwisserpartei

Beim Konvent geht es um die Marke FDP. Generalsekretärin Nicola Beer sagt: „Wir müssen nicht nur den Kopf der Menschen ansprechen, sondern auch Herz und Bauch.“ Tatsächlich hatte die Analyse einer eigens engagierten Unternehmensberatung ergeben, dass die FDP an ihrem Ruf als gefühlskalte Besserwisserpartei trägt. Mit dem Konvent will man sich nun neue Leitlinien geben, bevor sich eine Woche später der Bundesvorstand in Klausur begibt.

Auch wenn sich die FDP-Generalsekretärin bemüht, die anstehende Hamburg-Wahl am 15. Februar nicht als Schicksalswahl zu sehen, ist diese dennoch enorm wichtig. 2011 hatte in Hamburg Frontfrau Katja Suding die Liberalen mit 6,7 Prozent zurück ins Landesparlament geführt – es war das beste Ergebnis seit 1974.

Doch nach der verlorenen Bundestagswahl 2013 gab es Krach im Landesverband, die Vorsitzende Sylvia Canel gründete mit anderen Ex-FDPlern die „Neuen Liberalen“. Über die Abtrünnigen sagt FDP-Generalsekretärin Nicola Beer: „Die gegangen sind, wollten selber im Vordergrund stehen.“ Weitaus wichtiger als Hamburg und Bremen 2015 seien ohnehin die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg 2016, macht sie sich Mut.

Arbeit auf Sparflamme

Doch wie auch immer: All diese Wahlen werden Gradmesser dafür sein, wie es 2017 im Bund ausgehen könnte. Zwar betont die Generalsekretärin tapfer, sie freue sich darauf, wenn es dann im Bundestag wieder eine liberale Stimme gebe. Ziel sei „eine stabile Stammwählerschaft jenseits der 5 Prozent“. Klar ist aber auch, dass die FDP und ihre parteinahe Friedrich-Naumann-Stiftung ohne Wiedereinzug – und ausbleibender Wahlkampfkostenerstattung – in ernsthafte Schwierigkeiten kämen. Schon jetzt arbeitet die Parteizentrale auf absoluter Sparflamme.

Hinzu kommt, dass der FDP bei anhaltendem Misserfolg weitere Protagonisten von der Fahne gehen dürften. Nach einer verlorenen Bundestagswahl könnten auch die, die jetzt noch am Patienten FDP laborieren, die Geduld verlieren. Die Generalsekretärin sagt: „Wir haben bewusst ein vielfältiges Team ins Präsidium gewählt, das ist keine One-Man-Show.“ Schöne Grüße aus dem Thomas-Dehler-Haus an die einstigen Parteifreunde.

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