Gladbachs neue Souveränität: „Favre bringt uns taktisch weiter“

Zum Spiel mit dem BVB fährt Borussia Mönchengladbach als Favorit. Die Mannschaft ist auf einem neuen Niveau angekommen – aber noch nicht am Ende.

Mastermind: Gladbachs Trainer Lucien Favre Bild: dpa

MÖNCHENGLADACH taz | Ein Augenschmaus war es zur Abwechslung mal nicht gewesen, was das dauerrotierende Team von Lucien Favre beim 2:0 gegen Apollon Limassol auf den Rasen gebracht hatte. Dafür zeigte sich das Wetter über Zypern von seiner besten Seite. Unter praller Sonne und mit der neuen Rekordmarke von 18 Pflichtspielen ohne Niederlage im Gepäck checkten die Gladbacher am Freitagmorgen in ihrem Mannschaftsquartier aus und machten sich auf den Rückflug übers Mittelmeer.

Mit an Bord war auch Tony Jantschke. Der 24-jährige Verteidiger gehört in Favres heftig aufstrebendem Ensemble zu jenen Spielern, die Bundestrainer Joachim Löw zuletzt immer wieder als Probekandidaten medial ans Herz gelegt wurden. Zudem ist Jantschke einer jener Protagonisten, der die Gladbacher an die schaurig-schöne erste Jahreshälfte 2012 erinnert. Und damit auch an einen besonders dunklen Tag im Berufsleben von Max Eberl.

Denn vor Borussias Sportdirektor stand am 3. Januar 2012 Marco Reus – mit der Nachricht, seinen Vertrag in Gladbach nicht zu verlängern. Stattdessen wechselte er nach Dortmund – dorthin, wo am Sonntag das nächste Wiedersehen der beiden Borussias ansteht. Dass dabei der Vorletzte den Tabellendritten empfängt, hätte sich damals keiner träumen lassen. Auch nicht Max Eberl – für den der Januarmorgen 2012 ein Albtraum war, den er kein zweites Mal erleben möchte. Zumal dem Gladbacher Team mit Dante und Roman Neustädter damals zwei weitere Leistungsträger abhanden kamen.

Seitdem ist einiges passiert am Niederrhein. Eberl äußert mittlerweile sogar schmunzelnd den Wunsch, Reus und Dante zurückzuholen. „Und dann“, phantasiert der 41-Jährige, „schreiben wir die Geschichte von 2012 neu.“

Zunächst aber muss sich Eberl mit der Konkurrenz beschäftigen. So soll der AC Mailand seine Fühler nach Tony Jantschke ausgestreckt haben – und bereit sein, für den variabel einsetzbaren Defensivspieler 6,5 Millionen Euro zu zahlen. Mit solchen Offerten kennen sich die Gladbacher bestens aus, das entscheidende Plus im Vergleich zu 2012 aber ist: Das von Eberl und Trainer Favre entworfene Konstrukt hat inzwischen mehr Substanz.

Xhaka steht auf Favre

Der mit dicken Geldbündeln winkenden Konkurrenz setzt der Klub dabei den sportlichen Ehrgeiz seiner Profis entgegen. Bestes Beispiel: Granit Xhaka. Aus dem unzufriedenen Kantonisten, der nach seinem Wechsel aus der Schweiz zunächst mit Anpassungsschwierigkeiten kämpfte, ist – wenngleich aktuell verletzt – eine feste Kraft im defensiven Mittelfeld geworden. So erzählt Xhaka von Angeboten von Inter Mailand und dem SSC Neapel, die er im Sommer abgelehnt hat – denn: „Favre bringt uns taktisch weiter.“

Immer besser in Tritt kommen neben Xhaka auch André Hahn, Alvaro Dominguez, Max Kruse oder Patrick Herrmann, allesamt mit längerfristigen Verträgen ausgestattet. Sollte also einer abspringen, gäbe es zumindest eine finanzielle Entschädigung. Zudem können Abgänge durch die inzwischen enorme qualitative Breite im Kader besser aufgefangen werden.

Nicht nur der frühere Gladbacher Jupp Heynckes traut dem Favre-Team daher die Qualifikation für die Champions League zu. Ein Ansehen, dass sich der Verein trotz eines Mittelfeldplatzes in der Etat-Tabelle erworben hat. Zwar nennt Geschäftsführer Stephan Schippers die Borussia einen „kerngesunden“ Klub. Andererseits sagt Sportchef Eberl: „Nach Gladbach kommt kein Spieler des Geldes wegen.“

Bei Christoph Kramer geht es mehr ums Bleiben. Der Weltmeister ist bis zum Saisonende von Leverkusen ausgeliehen, wo er einen Vertrag bis 2017 hat. Laut Eberl („Wir wollen ihn mit allen Mitteln halten.“) will Gladbach beim Tauziehen um Kramer an die Schmerzgrenze gehen. Bei Marco Reus hat selbst das vor knapp drei Jahren nicht gereicht – aber jetzt sagt Eberl immerhin mit gewachsenem Selbstbewusstsein: „Natürlich muss am Ende auch eine Rolle spielen, was der Spieler will.“

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