Harvestehuder Weg wird umgebaut: Fahrräder bekommen Vorfahrt

Das Konzept der Alster-Fahrradachsen sei gut, vernachlässige aber die Brennpunkte, findet der Radlerclub ADFC.

Die Stadt hat das Radleraufkommen längs der Alster gezählt: Künftig sollen Radfahrer Vorrang und Vorfahrt haben Bild: dpa

HAMBURG taz | Radeln ist schön. Vor allem dann, wenn man dabei schön träumen kann. Oder zügig rasen – je nach Bedürfnis und ohne einander zu behindern. Genau das erlauben aber viele Hamburger Radwege nicht, weswegen es ständig Kollisionen und Konflikte gibt.

Da ist es löblich, dass sich der Senat entschloss, längs der Alster ein Fahrradstraßen-Netz zu bilden. Am heutigen Montag soll mit dem Ausbau des ersten Abschnitts am Harvestehuder Weg begonnen werden. Tempo 30, Nebeneinander-Radeln, Vorfahrt für Radler und eine klare Trennung vom Fußgängerbereich sollen dann dort Standard sein, Autos nur noch harmloses Beiwerk. So die Idee.

Aber genau da hake es, sagt Dirk Lau, stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) Hamburg. „Natürlich sind wir grundsätzlich für das Projekt und wurden ja auch in die Planung einbezogen“, sagt er. Aber dass dort „Kfz frei“ statt bloß „Anlieger frei“ auf den Schildern stehen soll, widerspreche der Idee der Fahrradstraße. Zudem seien störende Fahrbahnparkplätze geplant.

Auch ADAC-Sprecher Christian Hieff ist skeptisch. Zwar seien Fahrradstraßen in Ordnung, „weil Autos dort weiterhin fahren können“ – deshalb sei die Radstraße einer Tempo-30-Zone sehr ähnlich –, diese Option sei aber nie geprüft worden. „Dabei hätte die Einrichtung einer Tempo-30-Zone nur die Hälfte gekostet“, sagt Hieff.

Um künftig Konflikte zwischen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern und Unfälle möglichst zu vermeiden, hat die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation für die Alster-Fahrradachsen folgende Leitsätze formuliert:

Radwege sollen breiter werden.

Fußgängerwege sollen breiter werden.

Die Areale für Radfahrer- und Fußgänger sollen deutlicher voneinander getrennt werden.

Der Parkcharakter der Anlage soll erweitert werden.

Autoverkehr soll möglich bleiben.

Intensiv geprüft hat die Stadt dagegen das Radleraufkommen längs der Alster. Heraus kam, dass werktags 11.000 Radler die Straße An der Alster und 6.800 die Krugkoppelbrücke nutzen. Allerdings fahren dort auch die meisten Autos, und deshalb plant der Senat dort keine Fahrradstraßen. In der Broschüre der Verkehrsbehörde ist bloß von Konzepten für Nord- und Südostufer die Rede; Details fehlen. „Da sich der Senat an diesen Brennpunkt am gefährlichen Zwei-Richtungs-Radweg am Südostufer nicht herantraut, gerät das Projekt zur Symbolpolitik“, sagt ADFC-Sprecher Lau.

In der Tat arbeitet auch die Broschüre der Verkehrsbehörde mit diesem Vokabular: Von der „hohen Symbolwirkung“ ist da die Rede – und davon, dass „notwendiger Kfz-Verkehr ermöglicht“ werden müsse.

Wer diese „Notwendigkeit“ definiert, bleibt so unklar wie die Frage, was mit den Touristenbussen passieren soll, die die Alster derzeit auf den künftigen Fahrradstraßen umrunden. „Die Nutzung durch Stadtrundfahrtbusse ist noch nicht geklärt“, sagt Verkehrsbehördensprecherin Susanne Meinecke. Sollte es aber verboten werden, „werden wir das einzuklagen versuchen“, sagt Thomas Görner, Fahrdienstleiter der Hamburg Citytours. „Schließlich ist der Alsterblick unser Verkaufsargument.“

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