Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Wir exportieren Krisen in Waffengebiete, bei Google verschwindibusen Artikel – und Immobile ist offenbar kein Name, sondern ein Zustand.

Kein Protestcamp, nur Warten auf Apple. Bild: dpa

Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Ich habe noch gar nicht entschieden, welche linke Frau ich 2017 zur Bundespräsidentin ausrufe.

Und was wird besser in dieser?

Laut Spiegel will es eh der leitende Militärgeistliche Gauck nochmal machen.

Die Schotten haben sich gegen die Unabhängigkeit entschieden. Kann ein guter Whisky über die Enttäuschung hinweg helfen?

Mir nicht. Raus aus UK, rein in die EU wäre eine schöne Antwort auf „Fuck EU“ gewesen.

Der Journalist Alexander Blum nutzt das Recht auf Vergessen, um kritische Beiträge über seine Arbeit von Google entfernen zu lassen. Haben Sie Ihren Antrag schon gestellt?

Journalist? Nach Lektüre der Details via Bildblog – wo die verschwindibusten Artikel über Blum dankenswert bereitstehen – käme der Mann mit „Fotofrettchen“ noch ganz gut weg. Auch der Presserat hat Springer für die Methoden seines Bild-Bild-Beschaffers gerügt; hier kann zurecht von Beschaffungskriminalität die Rede sein. Der Orwell dahinter lässt sich weniger leicht richten: „1984“ sollte wegen Verharmlosung vom Lehrplan gestrichen werden, da mussten im Wahrheitsministerium die Fakten noch händisch gelöscht werden. Googles Welthunger zielt auf ein Monopol, und je eher sie darauf verzichten, desto länger werden sie Geld verdienen. (O.K., klingt fromm, aber ich dachte mit Kohle kann man die ein bisschen erschrecken.) Das Beispiel zeigt, dass Google Wahrheit schneller abräumt als Bild lügt.

Die Änderung des Asylrechts soll einige Verbesserungen für Flüchtlinge in Deutschland bringen und die Gemeinden entlasten. Gleichzeitig verwehrt er anderen eine Chance auf Asyl. Werden hier Flüchtlingsgruppen gegeneinander ausgespielt?

Kernpunkt ist der finster entschlossene Glaube von Grün bis Schwarz an das Hasswort „Asylbewerberflut“. Damit weisen sich Politiker von de Maizière bis Kretschmann als potenzielle AfD-Wähler aus, die glauben auch jeden Scheiß. Oder sie sind überzeugt, nach 1992 geboren zu sein – und haben die ungleich höheren Zuzugszahlen damals nicht miterlebt. Die neuerliche Minderung des Restrechtes zielt auf Menschen aus Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina. Roma und Schwule dort werden sich freuen, auf diesem Wege zu erfahren, dass sich die Lage in ihren Ländern sehr gebessert habe. ProAsyl nennt es „Realpolitik im schlechtesten Sinne“, denn höchst löchrigen Verbesserungen stehe harte Abschottung gegenüber. Was soll das Lamento über „Waffen in Krisengebiete“? Wir exportieren Krisen in Waffengebiete, seit je.

Vier Glückliche haben am Donnerstag ein Grundeinkommen für ein Jahr gewonnen. 1.000 Euro pro Monat. Was hätten Sie damit gemacht?

Meinem Anwalt gegeben, damit der die Gönner wegen Beleidigung verklagt. Spätestens, als die FDP ein ähnliches Konzept („Bürgergeld“) predigte, hätte man stutzen können: Wollen wir eine Gesellschaft werden, die sich damit abfindet, dass viele nur noch zum Konsumieren taugen? An die Stelle der Arbeitskraft als einziges, was das Prekariat zu bieten habe, tritt 150 Jahre nach Marx die Kaufkraft. Ihr seid zu blöd für alles andere, stört die anderen nicht beim Arbeiten, trefft euch bei Aldi. Zum Kotzen! Das „bedingungslose Grundeinkommen“ zementiert die Idee, Arbeitslohn nur da zu zahlen, wo es eine Elite vorher als profitabel definiert hat. Viel Arbeit wird geleistet und nicht bezahlt, von Sozialem über Familiäres bis zu Gemeinnützigem. Die fiesesten Fehler sind die, die aus bestem Willen begangen werden.

Vor dem Apple-Store sind aufgestellte Zelte kein Problem. Wer aber aus politischem Protest zelten möchte, der bekommt Ärger. Ist es Zeit Protestcamps besser zu platzieren?

Mario Götze hat nach dem 1:0 im WM-Finale weniger gejubelt als die Leute in den Nachrichtenfilmen, die als erste ein neues Telefönchen aus der Applefiliale heraustragen. Anbei: Seit wann ist das überhaupt eine Nachricht? Anderswo würde übertragen, wenn jemand einen Sack Äpfel bekäme statt zu verhungern. Schöne Idee, Protestcamps künftig grundsätzlich an die Idee zu binden, hier käme aber morgen der neue Harry Potter.

Und was machen die Borussen?

Nach dem vergeigten Elfer in Mainz verdichtet sich die Sorge, dass Immobile kein Name ist, sondern ein Zustand. Wenn die Bayern schomma einen Punkt liegen lassen, schmeißen wir drei weg. Das Ramadanfest wird jedes Jahr auf einen anderen Kirmesplatz geätzt, aber auf den Plakatwänden wirbt es für das „Dortmunder Oktoberfest“. Wir sind doch selber schuld.

Fragen: ASH

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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