IS-Terror im Nordirak: Berichte von einem neuen Massaker

Am Freitag sollen IS-Kämpfer mehr als 80 Bewohner eines Jesiden-Dorfes ermordet haben. Bundesaußenminister Steinmeier ist zu einem Besuch im Irak eingetroffen.

Die Lage ist ernst: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit jesidischen Flüchtlingen in einer Schule in Erbil. Bild: dpa

BAGDAD/BERLIN ap/afp/rtr | Die Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat haben in einem Dorf im Norden des Iraks mehr als 80 Jesiden getötet. Das teilten ein irakischer Politiker und Sicherheitskräfte am Samstag unter Berufung auf Überlebende mit.

Der Angriff habe sich am Freitag in Kocho ereignet. Das Dorf liegt in einer Gegend, die von der IS kontrolliert wird und wo Journalisten nicht arbeiten können.

Der jesidische Abgeordnete Mahma Chali sagte, die Kämpfer der IS hätten das Dorf vor einigen Tagen besetzt und den jesidischen Einwohnern einige Tage Zeit gegeben, zum Islam zu konvertieren. Halgurd Hekmat, Sprecher der kurdischen Sicherheitskräfte, sagte, Frauen und Kinder seien bei dem Angriff gefangen genommen worden.

Erneut Luftangriffe auf Islamisten

In der Nacht auf Samstag flogen die USA dann erneut Luftangriffe auf Islamisten im Irak. Eine Kampfdrohne habe izwei Fahrzeuge der Extremisten-Gruppe Islamischer Staat (IS) zerstört, teilte das US-Militär mit. Der Einsatz soll sich in der Nähe von Kocho ereignet haben.

Es war zunächst unklar, ob der US-Luftangriff in Zusammenhang mit dem Massaker stand. US-Präsident Barack Obama hatte vor einer Woche die Luftschläge autorisiert, um den Vormarsch der Islamisten zu stoppen und einen Völkermord an den Jesiden zu verhindern. Die sunnitischen Islamisten bezeichnen die Jesiden als Teufelsanbeter und bedrohen sie mit dem Tode.

Steinmeier: „Kleiner Lichtblick“

Unterdessen ist Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) zu einem Besuch im Irak angetroffen. Nach seiner Ankunft in der Hauptstadt Bagdad sagte er am Samstagmorgen nach Angaben des Auswärtigen Amtes, die Menschen in dem Land erlebten derzeit „eine Katastrophe“. Die Nominierung des Politikers Haidar al-Abadi zum neuen Regierungschef des Krisenlandes bezeichnete der Minister vor diesem Hintergrund als „kleinen Lichtblick“. Nach seinen Worten war in Bagdad auch ein Treffen mit al-Abadi geplant.

Steinmeier wollte sich im Irak außer mit Regierungsvertretern in Bagdad auch mit dem Präsidenten der autonomen Kurdenregion, Massud Barsani, in Erbil treffen. Geplant sind demnach auch Gespräche mit Flüchtlingen. Die EU-Außenminister hatten am Freitag die Lieferung von Waffen an die Kurden im Nordirak befürwortet, die dort gegen den Vormarsch der Dschihadisten kämpfen.

UN-Sicherheitsrat beschließt Sanktionen

Die Terrormiliz Islamischer Staat hat den Irak in diesem Sommer in die schlimmste Krise seit dem Abzug der US-Truppen im Jahr 2011 gestürzt. Die Extremisten hatten große Teile des Nordens und Westens des Landes eingenommen. Hunderttausende Zivilisten mussten fliehen, Tausende Mitglieder der Minderheiten der Jesiden und Christen suchten Zuflucht in dem Sindschar-Gebirge. Der Islamische Staat hatte vor wenigen Wochen ein Kalifat ausgerufen, das weite Teile des östlichen Syriens und des nördlichen und westlichen Iraks umfasst.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Freitag einstimmig eine Resolution verabschiedet, die sich gegen islamistische Extremisten richtet. Der Beschluss sieht Sanktionen gegen sechs Männer vor, die ausländische Kämpfer im Irak und Syrien rekrutiert oder finanziert haben sollen. Für sie soll ein globales Reiseverbot gelten, zudem sollen ihre Vermögen eingefroren worden. Weiter fordert der Weltsicherheitsrat, dass alle Gruppen mit Verbindungen zum Terrornetzwerk al-Qaida unverzüglich entwaffnet und aufgelöst werden.

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