Manipulationssoftware des GCHQ: Geheimdienst stimmt mit

Der britische Geheimdienst GCHQ manipuliert Ergebnisse von Online-Umfragen und zensiert Videos. Dafür hat er sich seine eigene Software geschaffen.

Selbst entwickelte Kugelkameras fehlen dem GCHQ noch. Bild: dpa

BERLIN taz | Der britische Geheimdienst (GCHQ) manipuliert Umfragen aus dem Internet und zensiert Videos, die als „extremistisch“ eingestuft werden. Das geht aus bisher unveröffentlichten Dokumenten des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden hervor, die der Journalisten Glenn Greenwald veröffentlicht hat. Greenwald selbst spricht von den alarmierendsten Methoden der Propaganda und Täuschung im Internet aus dem Snowden-Archiv.

Bisher war lediglich bekannt, dass verschiedene Geheimdienste auf riesige Datenmengen der InternetnutzerInnen zugreifen konnten. Dass ein Geheimdienst in großem Stil Inhalte verfälscht, ist neu.

Die Instrumente, mit denen der GCHQ auf diese Weise direkt die öffentliche Meinung im Internet beeinflussen kann, wurden von einer Spezialeinheit des Geheimdienstes programmiert. Mit der Software lassen sich Umfragen manipulieren, private Facebookfotos suchen und auf sie zugreifen sowie Accounts auf persönlichen Computern permanent sperren.

Außerdem sind die Programme in der Lage, E-Mail-Adressen zu fälschen und damit Massenmails zu versenden. Manche dieser Techniken werden als „in Entwicklung“ beschrieben, die meisten sind den Dokumenten zufolge jedoch voll einsatzfähig.

In Zukunft vorsichtiger

„Das sind dramatische Eingriffe in die Kommunikation der Bürger“, sagt Martin Emmer, Kommunikationswissenschaftler an der Freien Universität Berlin. „Aus deutscher Perspektive läge eine Manipulation der öffentlichen Meinung durch einen Geheimdienst jenseits von Gut und Böse.“

Außerdem entsteht laut Emmer eine Gefahr nicht erst, wenn Daten von BürgerInnen abgeschöpft werden. „Die Gefahr für die Demokratie beginnt bereits dann, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger aus der Öffentlichkeit zurückziehen, weil sie durch die Praxis der Geheimdienste verunsichert werden.“

Dass NutzerInnen im Internet interessengeleitet Informationen erhalten, sei allerdings keine Neuigkeit, schließlich machten Unternehmen das seit Jahren. Das sei zwar auch problematisch. Wenn aber Geheimdienste auf diese Art vorgehen, könnten die Folgen nicht abgeschätzt werden, da auch nicht klar sei, welches Ziel sie verfolgten, und es an Kontrolle mangele.

Emmer sagt: „Es gibt generell einen kritischeren Umgang bei der Online-Kommunikation.“ Dazu trage nicht nur die bekannt gewordene Überwachung durch Geheimdienste bei, sondern auch das Geschäftsmodell von Konzernen wie Facebook. Wer einmal mitbekommen habe, welch negative Folgen ein sorgloser Umgang mit persönlichen Daten haben könne, sei in Zukunft vorsichtiger.

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