Kommentar Ermittlungen gegen Sarkozy: Die Revanche der „Erbsen“

Als Präsident durfte Nicolas Sarkozy sich allmächtig fühlen – das ist vorbei. Die Ermittlungen gefährden sein politisches Comeback.

Rückkehr gefährdet! Bild: reuters

Es ist die Geschichte eines Politikers, der als gewählter Präsident von Frankreich glaubte, seine Freiheit und Macht sei grenzenlos. Die Verfassung der Fünften Republik verleiht dem Staatschef tatsächlich eine in parlamentarischen Demokratien einmalige Fülle von Kompetenzen. Zudem profitiert der Präsident für die Dauer seiner Amtszeit von einer fast totalen Immunität, die es den Richtern nicht einmal erlaubt, den Kopf der Exekutive als Zeugen vorzuladen.

Nicolas Sarkozy hat in seiner Lieblingsrolle des omnipräsenten, high-society-affinen "Blingbling-Präsidenten" diese Macht und dieses Gefühl, niemandem Rechenschaft geben zu müssen, in vollen Zügen genossen. Die Versuchung war gross, sich uneinholbar über den Recht zu fühlen.

Doch im Mai 2012 hat Sarkozy die Wahlen verloren - und nun holen ihn die Affären ein, die er vorher als Präsident wie lästige Fliegen verscheuchen konnte. Diese Untersuchungsrichter, die ihm etwas anlasten wollten, hatte er spöttisch als "kleine grüne Erbsen" verhöhnt. In einer Justizreform wollte er gar die Funktion dieser Ermittlungsbehörde ganz abschaffen. In Justizkreisen hat man es ihm auch nie verziehen, dass er regelmässig Gerichtsentscheide kritisierte.

Im Fall des Vorwurfs der aktiven Bestechung von hohen Richtern, der ihm den Besuch auf dem Polizeikommissariat von Nanterre und nun ein Verfahren eingebracht hat, kann sich Sarkozy nicht auf seine einstige Immunität berufen.

Die jetzigen Probleme mit der Justiz hat er sich nach dem Ende seiner Präsidentschaft selber eingebrockt: Aus Abhörprotokollen geht angeblich hervor, dass er seinen Beziehungen einsetzte, um über ein Netz befreundeter Spitzenbeamten die Justiz zu beeinflussen oder gar zu manipulieren.

Illegale Finanzierung, Betrug, Machtmissbrauch

Wenn ihm die Behörden von Nanterre diese gravierenden Vorwurf nachweisen können, dürfte seine politische Karriere vor einem jähen Ende stehen. Wenn nicht, wird sich Sarkozy in seiner Vorstellung bestätigt fühlen, dass er eben nicht ein Bürger wie andere in dieser Republik ist.

Die Ermittlungen gegen den Ex-Präsidenten, dessen Namen derzeit in mindestens sechs Untersuchungsdossiers zu Korruption, illegaler Wahlfinanzierung, Betrug und Machtmissbrauch - von Untersuchunsgrichtern dick rot unterstrichen -- steht, werden so für Frankreich zu einem Test für die Unabhängigkeit der Justiz und der Demokratie.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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