Ausstieg aus Schwarmstrom-Projekt: Zuhause-Kraftwerk abgeschaltet

Der Ökostromanbieter Lichtblick beendet seine Kooperation mit VW vorzeitig. Die Nachfrage nach stromerzeugenden Heizungen war zu gering.

Gescheitertes Kastenwesen: das Zuhause-Kraftwerk Bild: dpa

FREIBURG taz | Der Ökostromanbieter Lichtblick hat seinen Vertrag mit dem Autokonzern VW vorzeitig gekündigt – das Projekt „Zuhause-Kraftwerk“ ist damit beendet, eine im Grundsatz interessante Idee ist gescheitert. Lichtblick wollte 100.000 stromerzeugende Heizungen – sogenannte Blockheizkraftwerke – an Privatkunden verleasen und diese nach den Bedürfnissen des Stromnetzes steuern. Eine hoch flexible Erzeugungskapazität, die der Leistung von zwei AKWs entspricht, sollte so aufgebaut werden.

Das Stromunternehmen aus Hamburg wollte damit einen Systemwechsel vollziehen: In der Vergangenheit wurden Blockheizkraftwerke zumeist nach Wärmebedarf gesteuert, der Strom war Nebenprodukt. Beim Zuhause-Kraftwerk jedoch bestimmte der Strombedarf die Betriebszeiten. Um den Hausbewohnern dennoch jederzeit Wärme garantieren zu können, wurde ein großer Wasserspeicher integriert – denn Wärme lässt sich leichter speichern als Strom.

VW baute die gasbetriebenen Motorkraftwerke, was sich anbot, weil diese weitgehend den Dieselmotoren entsprechen, die in Autos eingesetzt werden. Doch das Geschäft lief nur schleppend an, binnen viereinhalb Jahren brachte Lichtblick nur 1.500 Kraftwerke in den Markt. Damit, so muss man vermuten, waren die angestrebten günstigen Anlagenpreise, die große Produktionsmengen erfordern, nicht zu erzielen. Als Nachverhandlungen von VW und Lichtblick scheiterten, kündigte der Stromversorger den ursprünglich bis 2018 laufenden Vertrag.

Eine Kooperation mit einem anderen Kraftwerkshersteller ist für Lichtblick keine Option; offenbar ist das Projekt so knapp kalkuliert, dass nur ein großer Hersteller, der Synergien aus einer anderweitigen Massenfertigung nutzen kann, preislich infrage kommt. VW will die Kleinkraftwerke weiterhin bauen und setzt nun auf „alternative Vertriebspartner“.

Für Lichtblick kommt das Aus zu einem Zeitpunkt, da der Absatz etwas anzog. Im Herbst hatte die GC-Gruppe, ein führender Großhändler der Haustechnikbranche, das Kleinkraftwerk in sein Sortiment genommen; im Frühjahr hatte Lichtblick außerdem seine Vertriebsmannschaft für das Produkt auf 50 Mitarbeiter verdoppelt.

Strompreisverfall im Großhandel

Mitverantwortlich für das Projektende sind die enormen Überkapazitäten am deutschen Strommarkt, auch eine Folge des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Denn die Überkapazitäten haben die Strompreise im Großhandel so rapide verfallen lassen, dass die Kalkulation für Lichtblick nicht mehr aufgeht. Strom, der im Jahr 2015 geliefert wird, kostet aktuell nur noch rund 3,4 Cent je Kilowattstunde; bei Projektbeginn im Herbst 2009 ließ sich noch das Doppelte erlösen.

An dem Konzept Schwarmstrom – also der Verknüpfung vieler dezentraler Erzeuger – wird Lichtblick jedoch festhalten. Aber eben mehr als Dienstleister denn als Stromerzeuger. Anlagen, die es zu koordinieren gilt, wird es schließlich immer mehr geben – etwa Blockheizkraftwerke, Windparks und Speichersysteme.

„Wir haben die gesamte Kommunikationstechnik selbst aufgebaut und machen auch den Energiehandel selbst“, sagt ein Firmensprecher. Die eigene Software namens Schwarmdirigent sei „das Betriebssystem der dezentralen Energiewelt“. In diese Richtung weist auch die Kooperation mit der Görlitz AG, einem Energiedatenspezialisten aus Koblenz. Deren Ziel sei „die Entwicklung standardisierter Hardware- und Softwarelösungen zur Steuerung dezentraler Schwarmkraftwerke“. Stromversorger werden offenbar immer mehr zu Unternehmen der Informationstechnik.

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