Konsequenzen aus dem NSU-Terror: „Keine Schlapphut-Mentalität“

Es ist weitgehend Ländersache, Konsequenzen aus dem NSU-Terror zu ziehen. Die Linke meint, Bremen habe das nicht ausreichend getan.

Innensenator Ulrich Mäurer und Verfassungsschutz-Chef Hans-Joachim von Wachter (rechts): Machen nicht genug, findet die Linke Bild: dpa

Das staatliche Versagen beim Terrors des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) war auch ein Versagen von Landesbehörden. Daher müssen die Forderungen des NSU-Untersuchungsausschuss hauptsächlich auf Länderebene umgesetzt werden. Kristina Vogt von der Fraktion der Linken hat daher eine große Anfrage an den Senat gestellt – und hält dessen Antworten für „eine ziemliche Frechheit.“

Das Land könne keine Empfehlungen ignorieren, etwa bei der Datenspeicherung, „die quer durch alle Fraktionen beschlossen wurden“. Hans-Joachim von Wachter, Chef des Bremer Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), sieht das anders: „Wir haben die Empfehlungen komplett ausgewertet und umgesetzt“, sagt er der taz. Damit sei Bremen in Deutschland „ganz weit vorn – auch in der Praxis“.

Noch in Arbeit seien lediglich Regelungen, die des Länder-Konsenses bedürften. Neben Nordrhein-Westfalen sei Bremen das einzige Bundesland, das vor dem NSU-Hintergrund ein modernes Verfassungsschutzgesetz erarbeitet habe. Es sorge für größtmögliche Transparenz.

Vogt sieht das anders. Die Forderung nach mehr parlamentarischer Kontrolle der Geheimdienste sei „eiskalt abgebügelt“ worden. Nicht mal eine weitere Ausschussassistenz sei eingerichtet worden, um die Arbeit wirkungsvoll zu unterstützen.

Immerhin ist Bremen bereit, zu Gunsten einer zentralen Ermittlungsführung Kompetenzen abzugeben. Denn die hätte Weisungsrecht gegenüber „regionalen Ermittlungsabschnitten“ bei anderen Länderpolizeien. Die gegenseitige Behörden-Blockade war wesentliche Voraussetzung für den NSU-„Erfolg“.

Man sei auch Forderungen gefolgt, sagt von Wachter, die nicht vom gesamten Untersuchungsausschuss erhoben wurden, sondern nur von einzelnen Fraktionen. Beispielsweise sei in Bremen auf Vorschlag der SPD der Einsatz von V-Leuten klar geregelt sowie Akteneinsichtsrecht für das parlamentarische Kontrollgremium beschlossen worden, das auch für dessen Gäste gelte – zu denen auch Vertreter der Links-Fraktion gehören.

„Die Verfassungsschutzbehörden werden durch Öffnung gewinnen“, heiß es im NSU-Bericht. Inwiefern hat sich Bremen diese Forderung zu eigen gemacht? Das LfV pflege „eine möglichst offene Kommunikation mit gesellschaftlichen Institutionen und anderen Akteuren“, sagt der Senat – „eine ,Schlapphutmentalität‘ könne er beim Bremer LfV nicht erkennen“. Die Frage der Links-Fraktion nach der Einschätzung der „Gefahr der ,Vergeheimdienstlichung‘ zivilgesellschaftlicher Initiativen und Institutionen“ beantwortet der Senat allerdings nicht.

Aus Vogts Sicht fehlt es in Bremen insbesondere an Bemühungen, die Zahl von PolizistInnen mit Migrationshintergrund zu erhöhen. Das fordern sowohl der NSU-Bericht als auch die Gewerkschaft der Polizei – doch der Senat zieht sich schlicht darauf zurück, diesbezüglich „keine validen Daten“ zu besitzen. Im Internet finde jedoch „mehrsprachige Nachwuchswerbung“ statt.

Dass die in Bezug auf die Polizei nicht erfolgreich genug ist, ist in Fachkreisen bekannt – ebenso, dass Niedersachsen diesbezüglich besser agiert. Doch immerhin gibt es im Personalbestand des Bremer Verfassungsschutzes eine gegenteilige Tendenz: Unter dessen 50 Mitarbeitern haben mittlerweile 15 bis 20 Prozent einen Migrationshintergrund.

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