Kommentar EU-Sanktionen Russland: Die EU wird nicht klug

Stufe 3: Die Europäische Union bereitet sich auf einen Handelskrieg mit Russland vor. Dabei ist sie denkbar schlecht gerüstet.

Merkel steht mit dem Rücken zur Wand – und sitzt in Brüssel im Regen Bild: reuters

Bei ihrem zweiten Ukraine-Krisen-Gipfel binnen 14 Tagen legen sich die EU-Chefs anscheinend weise Zurückhaltung auf. Anders als US-Präsident Obama, der am Donnerstag eine russische Bank mit Sanktionen belegt hat und weitere harte Wirtschaftsstrafen vorbereitet, schrecken Merkel und Co. zunächst vor einer weiteren Eskalation zurück.

Zwar wurde die EU-Sanktionsliste um 12 Personen auf nunmehr insgesamt 33 „Ziele“ ausgeweitet. Doch die Stufe 3 mit schmerzhaften ökonomischen Daumenschrauben wurde noch nicht ausgelöst. Die Europäer lassen der Diplomatie noch eine - möglicherweise letzte - Chance, könnte man meinen. Hat sich Merkels besonnener Kurs durchgesetzt?

Nein, dieser Eindruck täuscht. Genau wie in Washington verspüren auch in Brüssel die Falken Oberwasser. Merkel steht mit dem Rücken zur Wand, im Schulterschluss mit Obama machen Polen und Osteuropäer gewaltig Druck. Einen ersten Erfolg können sie bereits vermelden: Die EU-Kommission wird beauftragt, die Stufe 3 aktiv vorzubereiten.

Dass sie bisher noch nicht ausgelöst wurde, liegt weniger an Merkel, die im Bundestag ja auch schon mit ökonomischen Strafen gedroht hat. Es liegt vor allem daran, dass die EU auf einen Handelskrieg denkbar schlecht vorbereitet ist. Wenn Putin wie angedroht zurückschlägt, könnte er vor allem kleinere Länder wie die Slowakei oder Österreich empfindlich treffen.

Die EU muss also erst einmal die Reihen schließen und Solidarität nach innen organisieren, bevor sie härter auftreten kann. Jetzt rächt es sich, dass man sich völlig unvorbereitet auf einen Konflikt mit Russland eingelassen hat. Doch aus ihren zahlreichen Fehlern in der Ukraine-Politik wird die EU immer noch nicht klug: Heute soll auch noch das Assoziierungsabkommen mit Kiew unterschrieben werden, das die Krise erst ausgelöst hat.

Damit schafft auch Europa Fakten, genau wie Putin auf der Krim. Die EU gibt ihre Unterschrift einer Regierung, die nicht vom Volk gewählt wurde und einige nationalistische Hitzköpfe in ihren Reihen hat. Sie wartet nicht einmal auf die Wahl im Mai, obwohl sie ständig das Wort Demokratie im Munde führt. Eine vertrauensbildende Maßnahme ist dies gewiß nicht, eher noch ein falsches Signal aus Brüssel.

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Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog

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