Forscher kritisieren Innovationsbericht: Schuss nach hinten

Das von der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) vorgelegte Gutachten löst Widerspruch und Protest bei Wissenschaftlern aus.

Auch für viele deutsche Forscher das Traumziel: Harvard University in Cambridge, im US-Bundesstaat Massachusetts. Bild: imago/cromorange

Keines der bislang sieben EFI-Gutachten zu „Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschland“ im Auftrag der Bundesregierung löste eine derartige Welle des Widerspruchs und Protests aus wie in diesem Jahr. Von Bedeutung ist, dass sich die Kritik nicht nur an den neoliberalen Empfehlungen der sechs WirtschaftsprofessorInnen entzündet, sondern erstmals auch die Methode ihrer Innovationsbewertung ins Visier nimmt. Die fachliche Kompetenz der Expertenkommission wird in Zweifel gezogen.

Beispiel „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG): Ihr Verdikt („Keine Rechtfertigung für eine Fortführung des EEG“) stützt die Kommission unter anderem auf „sehr geringe technologiespezifische Innovationswirkungen“, die sich aus der Patentstatistik ergäben.

Der ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE), dem alle Forschungsinstitute um Solar, Wind und Biomasse angehören, konterte prompt: „Die Erneuerbaren-Energien-Technologien weisen zwischen 1991 und 2009 eine Verachtfachung der Patentanmeldungen auf und zeigen damit eine erfreulich hohe technologische Entwicklungsdynamik“, erklärte FVEE-Sprecher Professor Ernst Huenges.

Die stärkste Breitseite aus der Wissenschaft kam dann diese Woche aus dem Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). 17 Umwelt- und Energieforscher bescheinigten in einer gemeinsamen Stellungnahme dem EEG „sehr positive Innovationswirkungen“ bei der Erneuerung der Energiesysteme. Nur Patentanmeldungen auszuwerten, reiche nicht aus.

„Unser Verständnis von Innovation schließt neben technischen Prozessinnovationen ebenso Produktinnovationen, Dienstleistungsinnovationen und organisatorische Innovationen ein“, erklärte ISI-Chefin Professor Marion Weissenberger-Eibl.

Beispiel Brain Drain: Aus OECD-Daten hatte die EFI-Kommission erkannt, dass mehr deutsche Wissenschaftler das Land verlassen als aus dem Ausland zurückkehren. Diagnose: Mangelnde Attraktivität des Standorts für Spitzenforscher.

Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Forschungsorganisation in Deutschland, ging der Hut hoch: „Die EFI-Experten zeichnen ein unvollständiges und dadurch verzerrendes Bild“, meldete er sich keine Stunde nach Vorlage der Studie zu Wort.

Vor allem die Aggregation von Wanderungsdaten aus den Jahren 1997 bis 2011 gebe nicht die deutliche Verbesserung der Lage seit der Exzellenzinitiative wieder. Mlynek: „Es ist irreführend, dass die Experten von einem ’negativen Saldo‘ sprechen, der zumindest teilweise auf nicht mehr aktuellen Zahlen beruht.“

Die EFI-Kommission ist in ihrer wissenschaftlichen Reputation angezählt. Spannend wird ihr Auftritt im Mai vor dem neuen Forschungsausschuss des Bundestags.

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