Russlands Ukraine-Politik: Jubeln für Putins Truppen

In Moskau wird für eine gewaltsame Krim-Konflikt-Lösung demonstriert. Der Kreml bestellt Bürger zur Kundgebung ein und verhaftet Kriegsgegner.

2.3.2014: Pro-Kreml-Demonstration in Moskau. Bild: dpa

MOSKAU taz | Russlands Außenminister Sergei Lawrow hat das Vorgehen Russlands gegen die Ukraine vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf erneut verteidigt. Moskau gehe es lediglich um den Schutz seiner Bürger, der Sicherung ihrer Menschenrechte und ihres Rechts auf Leben. Wer jetzt mit Boykott und Sanktionen drohe, hätte sich zuvor einem echten politischen Dialog verweigert, meinte der russische Außenminister Richtung Westen.

Für die Polarisierung in der Ukraine trügen auch diese Kräfte die Verantwortung, sagte Lawrow. Der ukrainischen Übergangsregierung in Kiew hielt der russische Außenminister vor, Provokationen gegen die russische Schwarzmeerflotte auf der Krim geplant zu haben.

Wie alles aus Moskau in den letzten Tagen klingt auch diese Begründung abenteuerlich und mit heißer Nadel gestrickt. Bei Millionen von Russen in der Ukraine hätte das Geschehen Empörung und Befürchtungen ausgelöst, heißt es. Folgt man diesen Aussagen, dann reicht Empörung inzwischen aus, um Teile eines souveränen Nachbarlandes militärisch zu besetzen.

Moskau unternimmt große Anstrengungen, um das Vorgehen so aussehen zu lassen, als setze der Kreml nur den Willen des Volkes um. Am Wochenende gingen im Moskauer Zentrum rund 20.000 Befürworter einer gewaltsamen Lösung des Konfliktes auf die Straße.

In der Tat unterstützen sehr viele Bürger die Maßnahmen der politischen Führung. Viele würden sogar freiwillig an Solidaritätskundgebungen für den Kreml teilnehmen. Die Zentrale der Macht ist sich ihrer Sache jedoch nicht sicher, denn sie traut dem eigenen Volk nicht. Deshalb bestellte sie Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, Lehrer, Ärzte und Studenten zur Kundgebung ein. Wer sich weigere, der müsse mit Konsequenzen rechnen, sei ihnen gedroht worden, beschwerten sich einige Beamte im Internet. So verstärkt sich in diesen Tagen der Eindruck, als wäre die Sowjetunion von den Toten nochmals auferstanden.

Verhaltener Protest der Kreml-Gegner

Der Protest gegen die russische Intervention auf der Halbinsel Krim fällt unterdessen sehr zurückhaltend aus. Am Sonntag waren bei Gegendemonstrationen fast alle Teilnehmer umgehend von der Polizei festgenommen worden. Bei den spontanen Aktionen vor dem russischen Verteidigungsministerium und auf dem Manegenplatz vor dem Kreml wurden mehr als 360 Personen arrestiert.

Ihnen drohen bis zu 15 Tagen Haft. Auch in Sankt Petersburg nahm die Polizei Dutzende Personen vorläufig in Gewahrsam. Sobald die Demonstranten Plakate mit der Parole „Nein zum Krieg“ zeigten und ukrainische Fahnen entrollten, griff die Polizei zu.

In den nächsten Tagen wird sich zeigen, ob es oppositionellen Kräften gelingt, an die Massenproteste nach den gefälschten Dumawahlen 2011 und der Präsidentschaftswahl vor zwei Jahren anzuknüpfen. Noch ist nicht geklärt, ob das in der kritischen Öffentlichkeit überhaupt erwünscht ist. Geht es um Russlands Schicksal, verteilen sich die Kräfte anders als in der Ablehnung des Präsidenten Wladimir Putin.

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