DJ Atifa Taxim über Stadtentwicklung: „Kein weicher Standortfaktor“

Der Verein „Zuckerwerk“ sucht seit zwei Jahren einen Ort für Ateliers und Techno-Club. Im Interview erzählt ein DJ, was das mit „Gentrifizierung“ zu tun hat.

Geben keine Ruhe: Demo der DJs, Künstler und Akteure des Zucker-Netzwerkes. Bild: Zuckerwerk

taz: Herr Taxim, mit einer aktuellen Senats-Anfrage macht die SPD-Fraktion die Suche nach einem Ort für Ihren Techno-Club zur Sache in der Bürgerschaft. Bemerkenswert, oder?

Akifa Taxim: Ich finde es gar nicht so bemerkenswert, dass Politik und Stadt sich um Kultureinrichtungen kümmern. Das „Zuckerwerk“ ist in dem Sinne ja nicht nur ein Techno-Club.

Sondern?

Wir wollen einen alternativen Raum schaffen, an dem Ateliers und KünstlerInnen angeschlossen sind. Mit Partys kommt das Geld rein für Nischen-Projekte: Für Ausstellungen oder kleinere Konzerte. Techno an sich wird ja von vielen als Subkultur verstanden. Bemerkenswert ist daher eher, dass wir es sind, die nun ein wenig ins Rampenlicht gehen.

Inwiefern?

Ich möchte nicht das Wort „Underground“ bemühen, aber dieser Szene liegt eigentlich nichts an einer großer Öffentlichkeit. Man möchte keine Presse und sich lieber mit sich selbst beschäftigen.

36, Akteur und DJ im Zucker-Netzwerk.

http://www.zuckerwerk.org.

Warum sorgten Sie dann in den letzten Monaten mit Demos und Aktionen für Aufmerksamkeit?

Weil wir seit zwei Jahren vergeblich nach einem geeigneten Ort suchen.

Ist das ein politisches Problem?

Für alternative Projekte wird es immer schwieriger, einen Ort zu finden. Die alten günstigen Hallen werden abgerissen, die Struktur der Stadtgesellschaft verändert sich. Da kommt man sehr schnell zum Thema Gentrifizierung und Recht auf Stadt.

Also, wie man leben will?

Genau: was die Gesellschaft an Kunst und Kultur haben will. Ob es nur Ruhe und schicke Häuser gibt, oder ob man auch mal ein altes Haus stehen lässt und von KünstlerInnen nutzen lässt.

Warum ist die Location-Suche so schwer?

Wir brauchen größerer Räume für Veranstaltungen und kleinere Räume für Ateliers und Büros. Es darf keine Wohnbebauung in der Nähe sein und sollte zentral sein, damit man auch unter der Woche Konzerte veranstalten kann, zu denen genug Gäste kommen. Bislang waren die Gebäude entweder total marode Spekulationsobjekte, deren Besitzer kein Interesse an einer Nutzung durch uns haben, oder neu und unbezahlbar. Dabei hätten wir nun ein geeignetes Gebäude im Holzhafen.

Und auch da gibt es Probleme …

Ja. Die Initiative Stadtbremische Häfen ist besorgt, weil wir keine typischen Nutzer sind. Sie wollen, dass der Holzhafen ein Industriegebiet bleibt. Dabei sehen wir uns doch eigentlich in einer Allianz: Auch wir wollen, dass die Wohnbebauung auf Abstand bleibt und sich niemand über Lärm beschwert.

Zählt die Nachtruhe der AnwohnerInnen nicht?

Im Holzhafen hätten wir das Problem nicht. Und ansonsten wohnen wir nun mal in einer Stadt. Wer Ruhe haben will, sollte nicht über eine Kneipe ziehen.

Gewerbevertreter im Holzhafen befürchtet auch Drogenkonsums und Vandalismus bei Ihren Techno-Partys.

Unser Publikum macht keine Randale und Drogen sind ja nun ein gesamtgesellschaftliches Problem. Der Vorwurf ist unfair, das sind Vorurteile. Wenn es im Holzhafen nicht klappt, habe ich wenig Hoffnung. Es wäre auch schade um das Geld …

Welches Geld?

Wir sind Gewinnerprojekt bei einem Wettbewerb der Kreativwirtschafts-Förderung: Seit einem Jahr könnten 100.000 Euro für Investitionen abgerufen werden – um in eine Halle Lüftungs- und sanitäre Anlagen einzubauen und einen Club daraus zu machen. Uns fehlt nur die Location.

Ihr gutes Anliegen sieht nun auch die Politik. Es wird ein Standortnachteil befürchtet, wenn Sie abwandern …

Ich finde diese Logik problematisch. Es tut der Kultur und Kreativität nicht gut, wenn sie nur noch als weicher Standortfaktor gesehen wird und auch selbst anfängt so zu agieren. Das Argument sollte nicht das Stadtmarketing sein, sondern dass wir kulturelle, soziale Arbeit in einem alternativen Raum machen, der viel mehr ist als eine normale Disko.

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