Wirtschaft und Cannabisanbau: Profiteure der Prohibition

Philips distanziert sich von der Nutzung seiner Lampen zur Beleuchtung von Cannabisplantagen. Damit will man dem Trend zur Legalisierung entgegentreten.

Nur innen notwendig: künstliches Licht beim Cannabisanbau. Bild: imago/CTK Photo

Cannabis unter Kunstlicht anzubauen ist eigentlich absurd. Hanf ist eine sehr lichtsensible Pflanze, die in nahezu jedem Klima wächst und automatisch zu blühen beginnt, wenn die Tage kürzer werden und die Sonneneinstrahlung abnimmt. Die Illegalität hat aber dafür gesorgt, dass seit Jahrzehnten immer mehr Cannabis in Wohnungen, Kellern, Garagen oder Hallen unter Kunstlicht angebaut wird.

Die Branche der „Grow-Shops“ liefert dafür die entsprechende Ausrüstung – von Erden und Düngern über Bewässerungs- und Belüftungsanlagen bis hin zur Beleuchtung. Jetzt hat eine TV-Sendung im niederländischen Fernsehen Philips in Bedrängnis gebracht. Dem Elektrokonzern wird vorgeworfen, es mit seinen „Greenpower“-LED-Lampen vor allem auf das Geschäft mit den Cannabiszüchtern abgesehen zu haben.

Das Unternehmen hat sich daraufhin schnell distanziert und mitgeteilt, dass man Endkunden in der Cannabiszucht nicht beliefere – und dass die „Greenpower“-Lampen im Philips-Prospekt zum „City Farming“ ausschließlich zur wachstumsfördenden „Tageslichtverlängerung“ bei der Erdbeer-, Gurken- und Tomatenzucht beworben werden.

Nun ist es einer Lampe selbstverständlich egal, welche Pflänzchen unter ihrem Licht wachsen – und ob seine Kunden legale Gurken oder illegales Marihuana züchten, kann ein Lampenhersteller ebenso wenig kontrollieren wie ein Messerproduzent, ob sein Produkt zum Mittagessen oder zum Morden verwendet wird.

Bigotte Reaktion

Dass der Philips-Konzern nicht mit einer solchen Erklärung, sondern mit der energischen Distanzierung reagiert, seit zwei Jahren keine Betriebe mehr zu beliefern, „die unsere Lampen an die Cannabiszucht weiterliefern“, mag der Wiederherstellung eines Saubermann-Images dienen, ist aber nur begrenzt glaubwürdig. Ähnlich bigott reagierte in den letzten Tagen auch der deutsche Discounter Lidl, der in seinem Onlineshop Fachbücher zur Cannabiszucht offerierte – und diese, als das öffentlich bekannt wurde, gleich wieder aus dem Sortiment nahm.

Diese Reaktionen großer Konzerne scheinen sich gegen einen Trend zu richten, der in jüngster Zeit darauf hindeutet, dass das internationale Cannabisverbot nach Jahrzehnten der Prohibition zu fallen beginnt. Länder wie Uruguay und der US-Bundesstaat Colorado haben Anfang 2014 Cannabis und den privaten Anbau zum Eigenbedarf legalisiert, Portugal hat mit der Entkriminalisierung vor zehn Jahren beste Erfahrungen gemacht, in Israel, Kanada und einigen anderen Ländern ist die Nutzung von Marihuana zu medizinischen Zwecken mittlerweile selbstverständlich, in der Schweiz bereitet aktuell eine parlamentarische Kommission ein Gesetzesvorhaben zur Legalisierung vor – warum also ein solcher Alarm um Lampen, unter denen auch Gurken wachsen, oder um Bücher, die in jedem Buchladen erhältlich sind?

Schreckhafte Konzerne

Es scheinen dies noch immer Nachwirkungen einer der erfolgreichsten Propagandakampagnen des 20. Jahrhunderts zu sein, mit der der erste „Drogenzar“ der USA, Harry Anslinger, der Hanfpflanze das Image als „Mörderkraut“ und extrem gefährliche Droge verpasste – und nach dem Zweiten Weltkrieg als Chef der neu gegründeten Drogenbehörde der UN dafür sorgte, dass Cannabis auch international in Verruf geriet.

Dass die propagandistischen und pseudowissenschaftlichen Argumente für diese Einstufung mittlerweile allesamt widerlegt sind, beginnen Politik und Behörden nur sehr zögernd zu realisieren. Insofern wundert es auch nicht, dass Konzerne wie Philips oder Lidl derart schreckhaft reagieren. Letztlich sind sie nämlich auch nur Profiteure der Prohibition. Denn wenn der Anbau zum Eigenbedarf legal wird, braucht es weder spezielle Bücher noch besondere Lampen: Sonne, Erde, Wasser und ein Hanfkorn im Blumenkasten reichen dann völlig aus.

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