Verfassungsreferendum in Ägypten: 98,1 Prozent stimmten mit Ja

Die Beteiligung lag gerade mal bei 38,6 Prozent, doch die Übergangsregierung wertet das Ergebnis als Erfolg. Und al-Sisis Präsidentschaftskandidatur wird wahrscheinlicher.

Die AnhängerInnen des Militärchefs al-Sisi feiern, dass die Verfassung beim Referendum durchgekommen ist. Bild: reuters

KAIRO afp | Bei dem Referendum über die Verfassung in Ägypten haben sich 98,1 Prozent der Teilnehmer für den Text ausgesprochen. Auch wenn die Wahlbeteiligung mit 38,6 Prozent eher gering ausfiel, lag sie doch über dem Wert beim letzten Verfassungsreferendum, wie die Wahlkommission am Samstag mitteilte. Die Übergangsregierung wertete das Ergebnis daher als Erfolg und als Bestätigung ihres Kurses seit ihrer Machtübernahme.

Das Referendum „beweist, dass der 30. Juni ein Volksaufstand war“, sagte der Regierungssprecher Salah al-Din Abdel Maksud kurz vor Verkündung der Ergebnisse mit Blick auf die Massenproteste gegen den islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi im vergangenen Sommer. Die Demonstranten hatten ihm vorgeworfen, die Macht allein für die Interessen der islamistischen Muslimbruderschaft zu nutzen und das Land noch tiefer in die Krise zu führen. Armeechef Abdel Fattah al-Sisi setzte Mursi daraufhin ab.

Seit der Entmachtung des Präsidenten ist al-Sisi, auch wenn er offiziell nur Vizeregierungschef und Verteidigungsminister ist, der wahre Machthaber Ägyptens. Die Volksbefragung galt als wichtiger Stimmungstest für den in der Bevölkerung beliebten Armeechef. Er kündigte im Vorfeld an, bei der Präsidentschaftswahl zu kandidieren, wenn die Streitkräfte dem zustimmten und wenn „das Volk dies will“. Die hohe Zustimmung zu der Verfassung dürfte er als Votum für seine Kandidatur werten.

Viele Wähler gaben bei der Stimmabgabe am Dienstag und Mittwoch zu, dass sie die neue Verfassung nicht gelesen haben. Viele sagten, sie wollten mit ihrer Stimme ihre Unterstützung „für al-Sisi“ und die Ablehnung der Muslimbrüder ausdrücken. Ein halbes Jahr nach dem Sturz Mursis soll die Verabschiedung der Verfassung die Rückkehr zur politischen Normalität ermöglichen und den Weg bereiten für die rasche Abhaltung von Parlaments- und Präsidentschaftswahlen.

Kerry fordert, Verfassung auch umzusetzen

Die vom Militär eingesetzte Übergangsregierung hatte vor dem Volksentscheid verkündet, dass sie eine höhere Beteiligung als die am Verfassungsreferendum im Dezember 2012 als „Sieg“ ansehen werde. Damals hatten 32,9 Prozent der 53 Millionen registrierten Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. Während damals die linke und liberale Opposition das Referendum boykottiert hatte, rief diesmal die islamistische Opposition unter Führung der Muslimbruderschaft zum Boykott auf.

Das von Vertretern der Übergangsregierung und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens ausgearbeitete neue Grundgesetz beruht auf der im Dezember 2012 verabschiedeten Verfassung, welche die Handschrift der Muslimbruderschaft trug. Es enthält jedoch Fortschritte bei Bürger- und Frauenrechten, auch die Stellung der religiösen Minderheiten wird gestärkt. Zugleich aber wird auch die Sonderstellung der Streitkräfte und ihr Einfluss auf die Politik zementiert.

US-Außenminister John Kerry rief am Samstag die ägyptische Regierung auf, „die in der neuen Verfassung garantierten Rechte und Freiheiten umzusetzen“. „Die Demokratie ist mehr als ein einzelnes Referendum oder eine einzelne Wahl. Es ist Frage der rechtlichen Gleichheit und des gesetzlichen Schutzes für alle Ägypter, was auch immer ihr Geschlecht, ihre Religion, ihre ethnische Zugehörigkeit“, mahnte Kerry.

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