Der neue Mietenspiegel: Mieten steigen ungebremst

Hamburger Wohnraum wird immer teurer. Die Wohnungspolitik des Senats läuft noch ins Leere. Mieterverein warnt vor Erhöhungswelle noch vor Jahresende.

Der Unmut ist groß: Protest gegen Mieterhöhungen Bild: dpa

HAMBURG taz | Jutta Blankau (SPD) tat sich schwer, etwas Positives aus dem Zahlenwerk herauszulesen. Immerhin, so urteilte Hamburgs Stadtentwicklungssenatorin, sei es gelungen, „die weitere Steigerung der Mieterhöhungen“ zu verhindern, so dass es „eine Stagnation der Mietpreissteigerung“ gebe. Im Klartext: Hamburgs Mieten sind in den vergangenen zwei Jahren genauso rasant in die Höhe geschnellt wie in den beiden Jahren zuvor.

Nach 5,8 Prozent zwischen 2009 und 2011 kletterten sie in den vergangenen Jahren erneut um 5,7 Prozent, während die allgemeine Preissteigerung nur bei 3,3 Prozent lag. Das ist das Ergebnis des neuen Mietenspiegels, den die Senatorin am Dienstag der Öffentlichkeit präsentierte. Damit müssen Hamburgs MieterInnen im Schnitt erneut einen größeren Teil ihres Einkommens aufwenden, um ihre Miete zu zahlen. „Eine Trendwende ist das noch nicht“, gestand Blankau kleinlaut ein.

Die wohnungspolitischen Maßnahmen des Senats – vom forcierten Wohnungsbau bis hin zu Mietsteigerungsbremsen – zeigen bislang noch keinerlei mietpreisdämpfende Wirkung. Laut Mietenspiegel erhöhten sich die Netto-Kaltmieten im frei finanzierten Wohnungsbestand im Vergleich zu 2011 von durchschnittlich 7,15 auf 7,56 Euro pro Quadratmeter.

Der Mietenspiegel wird alle zwei Jahre erhoben. Er gibt Auskunft darüber, welche Mietpreise für frei finanzierte Wohnungen abhängig von Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage im Durchschnitt in Hamburg bezahlt werden.

Für die Berechnung des aktuellen Mietenspiegels wurden rund 542.000 von 925.000 Hamburger Wohnungen herangezogen, wobei aufgrund bundesgesetzlicher Vorgaben nur jene Mieten erhoben wurden, die in den vergangenen vier Jahren erhöht oder neu vereinbart worden sind.

Die energetischen Kennwerte wurden zum ersten Mal in den seit 1976 erstellten Mietenspiegel eingearbeitet. Sie gelten nun als Ausstattungsmerkmal.

Verlängert bis 2024 hat der Senat am Dienstag eine 2014 auslaufende Verordnung. Sie schützt Mieter, deren Wohnung in eine Eigentumswohnung umgewandelt oder verkauft wird, zehn Jahre lang vor einer Kündigung - vor allem bei Eigenbedarf. MAC

Vor allem im Altbaubestand zogen die Mieten erneut kräftig an, so um 21 Prozent für gut ausgestattete Großwohnungen. Um 7,6 Prozent gefallen sind dagegen die Preise für mittelgroße Altbauwohnungen bis 91 Quadratmeter ohne Bad und Sammelheizung. Auch in Häusern, die zwischen den Weltkriegen entstanden, verteuerte sich die Miete weit überdurchschnittlich. Neubauten hingegen legten moderater zu. Wohnungen, die zwischen 1994 und 2012 in normaler Wohnlage errichtet wurden, verzeichnen einen Anstieg von durchschnittlich 2,6 Prozent; in guter Wohnlage liegt er bei 3,2 Prozent.

Während Blankau optimistisch ist, zumindest beim nächsten Mietenspiegel die Trendwende zu packen, spricht der Mieterverein zu Hamburg von einem „extrem starken Mietanstieg“ und geht davon aus, dass der Aufwärtstrend bei den Mieten weiter anhalten wird. Auch Haushalte mit mittlerem Einkommen hätten immer größere Schwierigkeiten, ihre Mieten zu zahlen.

Da der Mietenspiegel die rechtliche Grundlage für Mieterhöhungen ist, rechnet Sylvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern mit einer erneuten Mieterhöhungswelle zum Jahresende. Sie warnt: „Auf eine Schonfrist vor Weihnachten darf man nicht hoffen.“

Die beiden Mietervereine forderten die Stadt auf, den Wohnungsbau weiter zu forcieren und wirkungsvolle Mietpreisbremsen in Hamburg zu etablieren. Auch der Mietanstieg durch energetische Modernisierungen, der oft bei zwei bis drei Euro pro Quadratmeter liegt, müsse endlich begrenzt werden.

Die Grünen und die Linkspartei, die die Präsentation des Mietenspiegels mit einem Protest vor dem Rathaus begleiteten, forderten, in Zukunft „den Mietenspiegel nach neuen Spielregeln aufzustellen“. In Zukunft müssten anders als bisher auch die Wohnungen berücksichtigt werden, deren Mieten in den vergangenen Jahren stabil blieben.

Die Wohnungswirtschaft hingegen bewertet den Mietenspiegel als Beleg für moderat steigende Mieten und hält gesetzliche Preisgrenzen für überflüssig. Die FDP-Fraktionschefin Katja Suding verlangte nach der Vorlage des Zahlenwerks gar vom Senat, seine „Politik der Überregulierung“ zu beenden. „Andernfalls“, so Suding, „werden Investoren abgeschreckt und der Wohnungsbau in der Stadt behindert.“

Heftigen Zorn der Grünen und der Linkspartei zog Jutta Blankau mit ihrer Formulierung einer „Stagnation der Mietpreissteigerung“ auf sich. Ein solcher Satz verhöhne die Mieterinnen und Mieter, die sich ihre Miete nicht mehr leisten können, kritisierte der Bürgerschaftsabgeordnete Olaf Duge (Grüne), während seine Linkspartei-Kollegin Heike Sudmann betonte: „In keiner mir bekannten Rechenart ist nochmal 5,7 Prozent mehr Miete eine Stagnation.“

Unter ist der neue Mietenspiegel online verfügbar. Die Broschüre zum Hamburger Mietenspiegel 2013 soll in einigen Wochen erscheinen.
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