Alternative für Deutschand in Sachsen: Geld ist immerhin nicht das Problem

Die AfD treibt ihren Regionalaufbau voran, nächstes Jahr will sie in den sächsischen Landtag. Mit welchen Themen, ist der Partei selbst noch unklar.

Den Koalitionspartner fest im Blick? AfD-Mitglieder schauen in Dresden auf eine CDU-Wahlkampfveranstaltung Bild: dpa

DRESDEN taz | Die neue Geschäftsstelle des sächsischen AfD-Landesverbandes liegt im Souterrain einer Villa im noblen Dresdner Stadtteil Blasewitz. Zur Einweihung, zugleich Beratung der Kreisverantwortlichen, sind ein reichliches Dutzend Männer gekommen. Die beinahe einzige Frau im Raum fällt auf. Die Leipziger Unternehmerin Frauke Petry, soeben mit der Insolvenz ihrer eigenen Firma konfrontiert, steht dem Landesverband mit knapp 500 Mitgliedern vor. Um den Strukturaufbau und die Gründung von Kreisverbänden soll es an diesem Abend gehen.

Voraussichtlich im September des kommenden Jahres wird in Sachsen, wie in mehreren anderen Bundesländern auch, ein neuer Landtag gewählt. Könnte die eurokritische Alternative für Deutschland ihren Überraschungserfolg der Bundestagswahl wiederholen und sich auch als eine „Alternative für Sachsen“ präsentieren, würde sie locker in das Landesparlament einziehen.

Ohnehin im Osten überproportional stark, erzielte die AfD in Sachsen mit 6,8 Prozent der Wählerstimmen aus dem Stand ein Rekordergebnis. Besonders große Resonanz fand sie in den grenznahen Regionen zu Polen und Tschechien. Die CDU gewann in gleicher Höhe Stimmen hinzu. Das heißt: Jeder zweite Sachse, der zur Wahlurne ging, gab seine Stimme einer dieser beiden konservativen Parteien.

Für eine Wiederholung dieses Erfolgs auf Landesebene aber fehlen der AfD Sachsen derzeit sowohl die Organisationsstrukturen als auch ein an Landesthemen orientiertes Programm. Strukturen, Geld und Personal sind dabei allerdings die kleineren Probleme. Mitglieder und Unterstützer kommen nicht gerade aus ärmsten Kreisen, die Häufung akademischer Grade fällt auf.

Ein deutlicher Kontrast zum sozialen Status der Wählerschaft in den AfD-Hochburgen in Sachsen. Die Landesvorsitzende Frauke Petry barmt zwar, dass die Wahlkampfkostenerstattung des Bundes wohl erst im nächsten Jahr eintrifft. Die Bundespartei kann dann aber mit geschätzten 1,5 Millionen Euro rechnen.

Übertritte von Rechtsaußen

So sind es denn vor allem programmatische Abgrenzungsprobleme, die die AfD umtreiben. Nicht nur der sächsische Landesverband der Partei nahm Überläufer von der islamfeindlichen, rechten Splitterpartei Die Freiheit auf. Deren Vorsitzender, René Stadtkewitz, hatte indirekt zu Übertritten aufgerufen. Frauke Petry wiegelt ab. Nicht mehr als eine Handvoll ehemaliger Freiheits-Mitglieder könne man im Landesverband entdecken.

Die AfD bleibt aber ein Sammelbecken von Unzufriedenen und Versprengten, etwa der rechtspopulistischen Hamburger Statt Partei, von ehemaligen SED-Genossen und FDP-Überläufern. Das erschwert eine programmatische Profilierung, die jetzt in Sachsen fast nach Art der Piraten als eine Ideensammlung von der Basis her gestartet worden ist.

Landesvize Thomas Hartung spricht selbst von einem „schwierigen Spagat, die AfD-Klientel in Gänze zu bedienen“. Und vergleicht die Stimmung in seiner Partei gar mit der der Montagsgebete in der Leipziger Nikolaikirche in den 1980er Jahren: Als Ort der Hoffnung versteht er die sächsische AfD, so wie damals die Nikolaikirche eben ein Ort der Hoffnung auf einen demokratischen Aufbruch für viele DDR-Bürger gewesen sei.

„Wir sind weder rechts noch links“, erklärt Hartung, und die Landesvorsitzende Petry zählt Übereinstimmungen mit den verschiedensten Parteien auf: beim Thema Bürgerrechte mit den Piraten, beim Zentralabitur finde man sich in CDU-Positionen wieder. Nur wenn man sie auf die offensichtliche Nähe zur NPD beim Thema Einwanderungspolitik anspricht, reagiert Petry allergisch – und sagt: „Unsere Sozialsysteme verkraften das nicht.“ Überhaupt: Sachsen könne nicht allein für eine gerechtere Welt sorgen.

CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer will sich noch keine Gedanken über einen potenziellen Koalitionspartner machen, der die desolate FDP in Sachsen ersetzen könnte. Es sei ein Phänomen, dass die AfD bei Wählern punkten könne, die kaum eine inhaltliche Position dieser Partei kennen würden, meint Kretschmer: „Bei Licht betrachtet ist die Partei schnell verbrannt.“ Der Erfolg der AfD ruft allerdings in Erinnerung, dass auch die sächsische Union bis 2002 mit Kurt Biedenkopf einen Euroskeptiker an ihrer Spitze hatte.

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