Kommentar Strompreis: Die Zeiten billiger Energie sind vorbei

Die Energiewende zahlen die Verbraucher. Vor allem für arme Haushalte ist das bitter. Jede Strompreiserhöhung ist schmerzlich für sie. Das muss sich ändern.

Der Strom muss bezahlbar bleiben. Bild: dpa

Die Hartz-IV-Empfänger haben seltsamerweise wieder keine Pressemitteilung verschickt.

Es ist ja so: Alle Jahre wieder wird ein Tag im Oktober festgesetzt, an dem um Punkt 10 Uhr den Deutschen kundgetan wird, wie hoch die EEG-Umlage, also die Förderung für Ökostrom, im nächsten Jahr ist. Alle Jahre wieder mailen sämtliche Lobbygruppen nach ein paar Anstandsminuten ihre vorgeschriebenen Sätze zum Thema.

Die Stahlindustrie erzählt, dass sie morgen ihre Hochöfen auseinanderschraubt und nach China auswandert. Die Verbände der erneuerbaren Energien schreiben, dass die Energiewende am Ende ist, wenn nicht mehr jede Kilowattstunde Solarstrom so vergütet wird wie einst gedacht war.

Die Rechnung zahlen aber die wirklich Betroffenen, die armen Haushalte. Für die steigen die Energiekosten im Verhältnis zum Einkommen am stärksten. Das muss sich ändern. Vor allem, weil das Problem nicht kleiner wird.

Um eins klarzustellen: Die Energiewende zu verzögern bringt auch nichts. Öl, Gas, Kohle und Strom, alles ist seit der Jahrtausendwende deutlich teurer geworden. Die Zeiten billiger Energie sind vorbei, egal ob aus Windrädern oder Kohlekraftwerken.

Wer schreit, Ökostrom würde Milliarden verschlingen, zitiert zwar Zahlen richtig, hat aber sonst keinen Dunst. Die Förderung von netto 19,1 Milliarden Euro 2014 abschaffen?

Umweltschäden mit einrechnen

Bitte, gern, machen wir einen fairen Wettbewerb. Strom aus neuen fossilen Kraftwerken kostet heute fast so viel wie Strom aus erneuerbaren Quellen, der zudem ständig billiger wird. Dann rechnen wir über eine CO2-Steuer einfach die Umweltschäden fossiler Kraftwerke mit ein, und schon ist Solar- und Windstrom billiger als Kohlestrom.

Könnte man auch gleich noch die 5,4 Milliarden Euro Finanzhilfen und Steuervergünstigungen abschaffen, die Deutschland 2012 für Atomstrom, Steinkohle und Braunkohle gewährte.

So eine Zahlenhuberei bringt sozial schwachen Familien aber nichts. Die Energieinfrastruktur wird erneuert, und all die Energiespeicher, Windparks, Isolierungen, Energiespargeräte, Ersatzkraftwerke, Elektroautos – und was noch alles kommen wird – bilden zwar ein tolles Konjunkturprogramm, implizieren aber eine gewaltige soziale Frage für die, die belastet werden, ohne teilhaben zu können. Zahlen müssen die Starken, nicht die Schwachen. Also Schluss mit den pawlowschen Pressemitteilungen.

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Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.

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