Giftgaseinsatz in Syrien: Studieren geht über Ausliefern

Nach der Veröffentlichung des Berichts der UN-Inspektoren ist vor der Veröffentlichung: Die westlichen Staaten und Russland streiten weiter.

Ein Giftgas-Experte der UNO im Einsatz in Muadamia, einem Vorort von Damaskus. Bild: reuters

GENF taz | Der Streit um die Verantwortung für den Giftgaseinsatz am 21. August Syrien geht auch nach Veröffentlichung des Untersuchungsberichts der UN-Inspektoren unvermindert weiter. Die drei westlichen Vetomächte des UN-Sicherheitsrates, Frankreich, die USA und Großbritannien, werten den Bericht im Gegensatz zu Russland und China als Beleg für die Schuld der Regierung unter Präsident Baschar al-Assad.

Sie sehen sich durch den Bericht in ihrer Absicht bestärkt, bereits in der noch für diese Woche geplanten Resolution des Rates zu dem zwischen den Außenministern der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, vereinbarten Plan für die Kontrolle und Abrüstung des syrischen Chemiewaffenarsenals die Drohung mit einem Militärschlag gegen Syrien zu verankern.

Dies wird von Russland und China abgelehnt und stünde auch im Widerspruch zum Wortlaut der Kerry-Lawrow-Vereinbarung vom letzten Samstag.

Danach sollte mit der Resolution zunächst nur der amerikanisch-russische Abrüstungsplan für das syrische C-Waffenarsenal zu einer völkerrechtlich verbindlichen Vorgabe für die syrische Regierung gemacht werden. Zugleich sollte die Organisation für die Überwachung der Chemiewaffen-Verbotskonvention (OPCW) in Den Haag mit der praktischen Umsetzung dieser Resolution beauftragt werden.

Erst „im Fall einer Zuwiderhandlung der syrischen Regierung“ gegen die erste Resolution solle der Sicherheitsrat dann in einer weiteren Resolution „Maßnahmen nach Kapitel sieben der UNO-Charta beschließen“, heißt es in der Vereinbarung zwischen Kerry und Lawrow.

„Klare und überzeugende“ Beweise für Sarin-Einsatz

Die UN-Chemiewaffeninspektoren fanden laut ihrem am Montagabend in New York veröffentlichten 38-seitigen Bericht „klare und überzeugende“ Beweise dafür, dass am 21. August in der Nähe von Damaskus das hochgiftige Nervengas Sarin mit Boden-Boden-Raketen gegen von den Rebellen kontrollierte Orte verschossen wurde.

Das Giftgas sei „auch gegen Zivilisten, darunter viele Kinder“, eingesetzt worden, heißt es in dem Bericht weiter. Die Inspektoren fanden Spuren von Sarin an Munitionsteilen von Boden-Boden-Raketen russischer Bauart mit den Kalibern 330 Millimeter und 140 Millimeter.

Laut Susan Rice, der Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, „bekräftigen diese Erkenntnisse der UN-Inspektoren unsere Einschätzung, dass diese Attacken vom syrischen Regime ausgeführt wurden“. Nur das Regime habe nämlich die Fähigkeiten besessen, einen derartigen Angriff auszuführen, sagte Rice zur Begründung. Als „Beweise“ führte sie etwa die Qualität des eingesetzten Sarin-Gases und die Art der verwendeten Raketen an.

Ähnlich äußerten sich Vertreter der Regierungen in London und Paris. Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hält die Verantwortung der Regierung Assad für bewiesen: Rakten dieser Bauart seien „niemals in den Händen der Rebellen gesehen worden“.

Dagegen erklärte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin, der Bericht enthalte „keine klaren Hinweise auf die Verantwortlichen für den Giftgaseinsatz“. Das Papier sei „voller technischer Details“ und müsse zunächst „genau studiert werden“. Ähnlich äußerte sich auch die Regierung in Peking.

Unterdessen wurden bei der Explosion einer Autobombe an der türkisch-syrischen Grenze nach Angaben von Oppositionellen mindestens ein Dutzend Menschen verletzt. Die Detonation habe sich an dem von islamistischen Rebellen kontrollierten Übergang Bab al-Hawa ereignet. Am Montag hatte die Türkei einen syrischen Hubschrauber wegen Verletzung des Luftraums abgeschossen.

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