Siegeszug der „Monster High“-Puppen: Zickenkrieg im Spielzeugregal

Barbie ist 54 Jahre alt, adrett gekleidet, ordentlich geschminkt und transpirationsfrei. Jetzt wird sie von Teenie-Gören mit Hörnern brüskiert.

Darf's ein bisschen Monsterherrschaftswissen sein? Da kann die Wuchtbrumme Barbie nicht mitreden. Bild: imago/IJPI

Hier ein Spitzentipp für den nächsten Junggesellinnenabschied: „Hen Party“ im Barbie Dreamhouse! Platz ist in der Berliner Barbieausstellung jedenfalls genug, problemlos könnten auch größere Feiergruppen von proseccoausdünstenden, gackernden, erwachsenen Frauen durch die rosa Plastikräume torkeln. Kleine Mädchen gehen nämlich kaum hin, vielleicht weil Barbie nicht mehr angesagt ist.

Was, glaubt man einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom Donnerstag, vor allem an einer hausgemachten Konkurrenz liegt: Barbie, seit 54 Jahren adrett gekleidet, ordentlich geschminkt und sogar beim Beachvolleyball mit Ken transpirationsfrei, muss neuerdings mit dem Erfolg schwer pubertierender Teenagergören, auch von Mattel, umgehen.

Die „Monster High“-Puppen, die ebenfalls aus Hartplastik und mit 24 Zentimeter nur fünf Zentimeter kleiner als die vielkritisierten Superblondinen sind, unterscheiden sich zwar in ihrem Realismusfaktor kaum von Tante Barbie mit Doppel-D und Mückentaille, sie haben sogar noch dünnere Beine, noch längere Haare und noch größere Comic-Augen.

Aber das könnte man, anstatt sich feministisch zu erregen, vielleicht auch auf subversiv thematisierte Anorexie und größeres Know-how beim Schminken schieben: Monster Highs sind tatsächlich – im Gegensatz zur erwachsenen Barbie-Dame – Teenager, gehen auf die „Monster High School“, und sind allesamt Abkömmlinge von „Monstern“ wie dem Yeti, Dracula oder einem Werwolf.

Und sie pflegen ihre „Killerstyles“: Skelita Calaveras zum Beispiel, Tochter einer Skelettfamilie, ist – als Knochenmädchen – noch magerer als ihre Cliquenfreundinnen, steht auf „alles, was mit dem Tag der Toten zusammenhängt, zum Beispiel Gesichtsmalerei, Nähen und Dioramen basteln“, und hat sich ihren „eigenen, schaurig-schönen Modestil erschaffen“. Der den Eltern garantiert nicht gefällt und damit besser in das Lebensumfeld einer 14-Jährigen passt als die ewig gut gelaunte Barbie und ihre brave kleine Schwester Skipper, die wahrscheinlich noch nie im Leben eine Tür geknallt hat.

Notfalls hilft Betty Draper

Zwar beschränken sich die Monster-High-Pausenhofgesprächsthemen laut Backstorys auf den Verpackungen etwas müde auf Mode, Modeshootings, Cheerleading und „coole Ausflüge“ und geben damit einen bezeichnenden Einblick in die Eindimensionalität der Mattel-Fabrik: Anstatt auf den weltweit lauter werdenden Protest gegen dämliche und ewiggestrige Rollenklischees in der Spielzeugherstellung zu reagieren, schwenkt man einfach nur von der Identifikationsfigur Betty Draper („Mad Men“) um auf eine Mischung aus „Vampire Diaries“, Avril Lavigne und „OC California“.

Aber immerhin wird den Monster-High-Fans in Ansätzen ein bisschen Monsterherrschaftswissen untergejubelt: Deuce Gorgon, der Sohn der Medusa, hat die Schlangen auf seinem Kopf zu einem Iro gestylt. Und in 30 Jahren, wenn die Monster-High-Mädels längst wie heute die Barbies zu Sammlerstücken für Best-Ager geworden sind, gibt es bestimmt auch endlich mollige, pickelige und Ladyboy-Plastikpuppen.

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